KAPITÄN SCHWANDT: Braun werden am Strand von Meck-Pomm?
Kann man noch mit gutem Gewissen in Meck-Pom Urlaub machen? Darf man sich an den Strand legen, wo Rechtsextreme so starken Zulauf haben? Das fragen mich seit dem Wahlergebnis einige Freunde auf meiner Facebook-Seite. Wie ich lese, haben einige ihre Reisepläne verändert und Hotelbuchungen storniert.
Ich mag es nicht, wenn Dinge pauschalisiert werden. Dass 20.8 Prozent AfD gewählt haben, ist ohne Zweifel erschreckend und nicht zu verstehen. Es bedeutet aber auch, dass 79.2 Prozent NICHT AfD gewählt haben, was man angesichts der momentanen Hysterie nicht vergessen sollte. Deshalb das ganze, schöne Bundesland Meck-Pom meiden? Ich denke, dass dies der falsche Weg ist. Leidtragende sind dann Alle, auch die Gastronomen und Hotelbetreiber. Rund zehn Prozent des Einkommens fließen durch den Tourismus, das entspricht 5,1 Milliarden Euro im Jahr. 173.000 Menschen leben vom Fremdenverkehr, sagt eine Analyse der Stiftung für Zukunftsfragen.
54 Prozent der Stimmen für Nazis? Herrgott!
Etwas anders verhält es sich mit Peenemünde und Garz auf der Insel Usedom, wo AfD und NPD zusammen auf mehr als 50 Prozent kommen. Pfui! „Was will man dort im Urlaub – schön braun werden?“, habe ich gescherzt, aber lustig ist es nicht. Dass jemand nicht mehr in diese rechte Ecke fahren möchte, kann ich nachvollziehen. Muss ein seltsames Gefühl sein. Ich frage mich in diesem Fall, wie das Ergebnis zustande kommt. Nach Peenemünde hat sich bestimmt kaum ein Flüchtling verirrt.
Wir waren letzte Woche in Warnemünde und Rostock zu Besuch. Blühende Städte, die sich prächtig entwickeln, an der Pier in Warnemünde lagen zwei riesige Kreuzfahrtschiffe. Die ausländischen Touristen lassen eine Menge Geld da. Woher kommt dann die Ausländerfeindlichkeit? Nicht zu begreifen. Mecklenburg boomt als Urlaubsland, eine Milliarde Steuerüberschuß, seit 2006 muss man keine neuen Schulden aufnehmen – und dies soll auch so bleiben.
Die Angst-Kampagne und die Realität
Die Angst-Kampagne der AfD, die den Zustand Deutschlands in düsteren Farben beschreibt, ist absurd und realitätsfremd. Seit heute steht fest: Wir sind wieder Export-Weltmeister. Auch dank offener Grenzen, auch dank unserer internationalen Beziehungen. Unserem Land geht es wirtschaftlich glänzend, mit 18 Milliarden € Steuerüberschuß im Bundeshaushalt, keine andere Volkswirtschaft in Europa ist so stark. Warum will die AfD das ändern? Ein Negativbeispiel, was passieren kann, wenn die Rechtspopulisten übernehmen, bietet der „Brexit“: Wirtschaft im Negativ-Strudel, steigende Arbeitslosigkeit, miese Perspektiven.
Was ich in diesen Tagen vermisse, ist Ruhe und eine klare Haltung von SPD und CDU. Was sie treiben, auch ein Herr Stegner (SPD), auch ein Herr Gabriel (SPD), ist ein unwürdiges Schauspiel, eine Selbstzerfleischung. Jetzt die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin anzugreifen, obwohl selbst in der Regierungsverantwortung, ist schlicht unredlich. Meine Herren, Bundestagswahl ist erst in einem Jahr! Die Parteien schaden sich mit den gegenseitigen Vorwürfen nur selbst. Es genügt, wenn sie vor der Bundestagswahl ihr Profil schärfen wollen.
Aber bitte nicht in diesem Stil.
Jürgen Schwandt, Jahrgang 1936, wuchs in Sankt Georg auf. Er fuhr jahrzehntelang zur See und lebt heute in Hamburg. Gerade erschien seine Biographie „Sturmwarnung“. Sie kann HIER bestellt werden, wir versenden gerne mit Autogrammkarte und Aufkleber.

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