Stefans Geschichten vom Meer: die Gefahr der Nordsee

Die Gefahr der Nordsee. Jede Woche schreibt Ankerherz Verlagsleiter Stefan Kruecken eine Geschichte vom Meer, die als Kolumne auch in der Samstagsausgabe der Hamburger Morgenpost erscheint. Diesmal geht es um die Ereignisse dieser Woche – mit dem tragischen Unglück von Scheveningen und viel Arbeit für die deutschen Seenotretter.

Joost, Sander, Pim, Mathijs, Max.

Das sind die Namen der jungen Surfer, die am Montagabend in Scheveningen bei Den Haag ertranken. Das jüngste Opfer war 23, das älteste 38. Alle galten als erfahrene Wassersportler. Sie kannten die Nordsee und wussten, wie gnadenlos sie sein kann. Zwei von ihnen arbeiteten sogar als Rettungsschwimmer. Sie gingen ins Wasser, um zu trainieren, wie so oft zuvor.

Was führte zu ihrem Tod? Niederländische Medien berichten von einem bis zu zwei Meter hohen Schaumteppich auf dem Wasser. Dieser Schaum entsteht, wenn Wellen auf Mikroorganismen (dazu gehören auch Algen) schlagen, die Protein freisetzen. Die Brandung der Nordsee funktioniert dann wie ein gewaltiger Mixer.

Die Gefahr der Nordsee

Jeder, der gerne am Meeressaum spazieren geht, kennt diesen Schaum, der vom Wind über den Strand getrieben wird. Unangenehm wird er nur, wenn auch Schaumalgen im Wasser sind, die den Schaum gelblich und bräunlich verfärben und nach Schwefel stinken lassen. Ein Phänomen, das auf den Inseln Ostfrieslands zuletzt immer wieder beobachtet wurde.

 

Als gefährlich galt der Schaum bislang höchstens für junge Wasservögel, deren Gefieder verklebte. War die extreme Schaumbildung ein Grund für den Tod der fünf jungen Surfer? Verloren sie im Wasser die Orientierung, oder war die Strömung an diesem Abend zu stark? Fest steht, dass ihr Tod eine traurige Mahnung an die Gefahren der Nordsee ist. Die Niederlande stehen unter Schock, und alle Menschen im Norden trauern mit den Familien und ihren Angehörigen.

Viel zu tun für die Seenotretter

Auch für die deutschen Seenotretter gab es in dieser Woche viel zu tun, wenngleich keine Verletzten oder gar Toten zu beklagen waren. Ich kann mich selbst in Wintermonaten nicht erinnern, dass ich jeden Tag ein bis zwei Einsatzmeldungen der Pressestelle im Postfach fand. Erst halfen sie einem Großvater und seinem Enkel, deren Motorboot im Sturm vor der Insel Trischen der Ruderschaft gebrochen war. Eine Havarie, die ohne das rasche Eingreifen der „Helden in Roten Overalls“ übel geendet wäre. Die beiden haben Glück gehabt, und die Frage, was sie bei diesem Wetter mit einem neun Motor langen Boot in der Deutschen Bucht vorhatten, dürfte Thema beim nächsten Familientreffen sein.

Außerdem zogen die Seenotretter eine manövrierunfähige Fähre aus dem Watt vor Juist und halfen niederländischen Fischern, denen vor Wangerooge der Motor kaputtgegangen war. Einen Einhandsegler retteten sich innerhalb von 48 Stunden gleich zweimal: Zuerst holten sie sein historisches Boot auf Helgoland von der Hafenmole. Wenig später strandete der Freizeitkapitän mit Defiziten in Sachen Navigation dann auf Scharhörnriff, auf einer Stelle, die selbst die erfahrenen Seenotretter mit den kleinen Tochterbooten der Kreuzer nicht erreichen konnten. Ein Hubschraubercrew der Northern Helicopter musste den Mann von Bord winchen.

Die Yacht blieb auf Scharhörnriff in der Nordsee.

 

Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag. Vorher war er Polizeireporter für die Chicago Tribune und arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie max, Stern und GQ von Uganda bis Grönland. Sein neues Buch heißt Kapitäne – überall im Handel.

 

 

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