TRANSATLANTIK! Mit der Queen Mary nach New York
Transatlantik – Stefan von Ankerherz und sein Freund Bobby Dekeyser („Unverkäuflich!“) sind im November mit der Queen Mary2 von Hamburg nach New York gefahren. Eine Reise, auf der wir Windstärke 12 auf dem Atlantik erlebten. Und eine Einfahrt in den Hafen von New York, die wir niemals vergessen werden. Lest hier das Bord-Tagebuch einer besonderen Reise.
Tag 1, Hamburg. Gigantisch, aber gemütlich
Alles an diesem Schiff ist XXXL. Beim Auslaufen in Hamburg auf dem Außendeck gleich unterhalb der Brücke zu stehen: einfach nur großartig. Man bekommt noch größeren Respekt vor dem Lotsen und dem Captain. Es ist ein Gefühl, als schiebe ein Wal durch eine Badewanne – kaum auszudenken, welche Folgen ein Fehler haben kann.
Tag 2, Nordsee. Sturmwarnung
Windstärke 8 spürt man auch auf der Queen Mary 2. Gestern Nacht stürmte es im Englischen Kanal, und die dicke Königin legte sich zum ersten Mal auf die Seiten. Nicht viel zwar, ganz leicht, aber es war das erste Mal, dass man den Seegang wirklich spüren konnte. Wunderbar zum Einschlafen – und ein erster Vorgeschmack, was uns vielleicht erwartet auf dem Nordatlantik.
Sturm ist angesagt.
Nach dem zweiten Tag auf See habe ich dicke Waden. Ich fahre nicht gerne Aufzug und nehme deshalb die Treppen. Zum Promenadendeck 7 sind es aus meiner Kabine drei Decks, zur Kabine von Bobby Dekeyser – wir sind als Lektoren an Bord und halten drei Lesungen – sind es sechs und nach ganz oben sagenhafte neun Decks. Das geht in die Beine. Wenn das weiter so geht, kann ich beider Ankunft in New York mit jedem Sherpa mithalten.
Tag 3, Southampton, der letzte Pub vor New York
Arbeiterstadt, Hafenstadt, viel Grau hier in Southampton. Wir vertreten uns noch mal die Beine, bevor es über den Ozean geht. Sieben Tage auf See. 3064 Seemeilen bis New York (1 Seemeile entspricht 1,85 Kilometern). Einen Adapter für die englische Steckdose kaufen, ein Pint im Pub „Standing Order“. In wenigen Minuten legt die Queen Mary am Ocean Terminal ab.
Tag 4, auf See, südwestlich von Irland.
Windstärke 7-8, die Dünung nimmt zu. Aber ein herrlicher Morgen an Bord der Queen Mary, englisches Frühstück inklusive. Gibt nichts Schöneres, als auf Deck zu stehen und die Wellen zu beobachten. Die Vorhersage verspricht einen ausgewachsenen Sturm. „Endlich mal richtige Seefahrt“, meint jemand. Die Außendecks sind wegen des Windes geschlossen. Noch pflügt die Queen Mary 2 mit knapp 20 Knoten durch die See. 50, 30 Minuten N, 010, 44 W, wir sind gerade südwestlich von Irland.
Tage 5 & 6. Bordroutine
Nach zwei Tagen auf See verschwimmt das Zeitgefühl an Bord. Einzige Konstanten sind das Frühstück uns das Abendessen, dazwischen ist nur Ruhe und Weite und der majestätischer Nord-Atlantik. Über das Schiff legt sich ein Mantel der Entspanntheit. Keine Hektik mehr, nichts. Stundenlang am Fenster sitzen und den Wellen zusehen, vor allem von den unteren Decks. Der Wind weht konstant mit acht bis zehn Beaufort, doch man gewöhnt sich an das Schaukeln. Selten so gut eingeschlafen.
Drei Runden auf Deck 7 sind knapp eine Meile. Wie oft wir die Strecke schon gegangen sind? Bald ist eine Spurrille in den Holzplanken. Nachmittags Lesung im Royal Theatre ganz vorne im Schiff aus unserem Spiegel-Bestseller Unverkäuflich. Nicht leicht im Geschaukel, die Geschichte von Bobby vorzutragen. Die erste Reihe Zuhörer sitzt gefährlich. Das Frühstück bleibt aber drin.
Tag 7. Flemish Cap.
Nach sechs Tagen weitem Atlantik endlich das erste Zeichen, das wir bald Land erreichen: eine Möwe! Und ein kleiner Frachter, der sich durch die Wellen kämpft. Kapitän erklärt bei seiner Durchsage, dass wir gerade am „Flemish Cap“ sind – jedem, der das Jahrhundert-Buch „Der Sturm“ über den Untergang des Fisch-Trawlers Andrea Gail kennt, ist das berüchtigte Seengebiet ein Begriff.
Die Tage an Bord werden lang. Tischtennis, Lesen, Spaziergänge durch den Wind, klar, es gibt Schlimmeres. Aber es wird Zeit, dass wir wieder an Land kommen. Mittwoch laufen wir in New York ein.
Mit noch mehr Respekt für alle Seeleute hier draußen.
Tag 8. Der schönste Sturm
Wieder ist Sturm, aber diesmal einer, der so schön ist, dass ihn niemand vergisst. Beaufort 10, Berge aus Wasser, weiße Gischt überall – aber dazu strahlende Sonne. Ein Tosen und Brausen unter blauem Himmel. Stunden voller Glück, irgendwo vor der Küste von Neufundland. Immer wieder laufe ich über Deck Sieben und könnte die Welt umarmen.
Tag 9. Die Lichter von New York
Um kurz nach vier Uhr tauchen die Türme der Verrazano-Narrows Bridge in der Nacht auf. Ein Wind aus Eis weht über Deck 11. Dann sehen wir die Lichter von New York. Immer ein traumhafter Anblick, doch besonders, wenn man zehn Tage dafür unterwegs war. 3064 Seemeilen (1 Seemeile entspricht 1,85 Kilometern) ist die Queen Mary 2 seit Hamburg durch den Ozean geschoben. Eine Reise mit Stürmen, viel Spaß, Arschtretereien an der Tischtennis-Platte (danke, Bobby) und Lesungen aus unserem Spiegel-Bestseller Unverkäuflich! geht zu Ende.
Jetzt freuen wir uns auf einen langen Spaziergang in Brooklyn… auch wenn alles noch ein wenig schwankt.
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