ANKERSCHMERZ, Straßengeschichten: Hamburg räumt auf

Der G20 Gipfel ist vorbei. Es herrschte Ausnahmezustand in Hamburg. Hubschrauber kreisten nächtelang so nah über den Dächern, dass die Fensterscheiben vibrierten. Kilometerlange Strecken von Stacheldraht. Hunderte Mannschaftswagen auf den Straßen und noch mehr Polizisten, teils mit Maschinenpistolen bewaffnet.

Ich habe friedlich demonstriert. Am Ende habe ich mir Tränengas aus dem Gesicht gewaschen. Ich hab mein T-Shirt umgebunden, der Geruch von Rauchbomben und der scharfe Pfefferspray lagen in der Luft.

Hass steht im Vordergrund, das ist falsch

Wir sollten immer bedenken: Wir sind Menschen. Sobald etwas passiert, machen wir die Schubladen auf: „Alle Polizisten greifen unverhältnismäßig hart zu“. „Alle Demonstranten sind linksextreme Autonome“, „alle Politiker verstecken sich bei Champagner und Hummer in der Elphi.“ Wir packen alle Stereotype aus und die Medien machen ordentlich mit.

Dominik Bloh am Hamburger Hafen.

Schon steht der Hass wieder im Vordergrund, während sich doch eigentlich alle einig sind, dass es besser wäre, über die hunderttausenden friedlichen Protestlern zu berichten. Die ein Zeichen setzen wollten gegen einige Staats- und Regierungschefs, die in der Stadt waren: Trump, Putin, Erdogan zum Beispiel, und deren Politik.

Wo sind die Politiker?

Wir kämpfen gegeneinander. Jeder gegen jeden. Das spielt denen in die Karten, gegen deren Politik wir aufstehen wollten. Das ist es, was mir an der Politik nicht mehr gefällt. Sie findet nebenbei statt, während Polizei und Protester ihr eigenes Spiel spielen. Ich sehe keinen Politiker draußen, ich höre sie nur im Fernsehen, wenn sie die gleichen Phrasen zur Verurteilung der Gewalt auf den Straßen abspulen.

Ich bin froh, dass nicht Schlimmeres passiert ist. Am Ende werden Menschen in den USA bei einfachen Routinekontrollen der Polizei erschossen, in der Türkei werden solche Aufstände anders geregelt als hier.

Wir räumen gerade im Schanzenviertel auf und zeigen, wer wir wirklich sind. Tausende helfen mit bei „Hamburg räumt auf“, eine tolle Aktion. So wollen wir miteinander leben. Niemand kann unsere Stadt kaputt machen, weil wir sie einfach viel zu schön finden.

DOMINIK BLOH, JAHRGANG 1988. SEIT ELF JAHREN LEBTE ER IMMER WIEDER AUF DEN STRASSEN VON HAMBURG. IM ANKERHERZ BLOG „ANKERSCHMERZ“ ERZÄHLT ER AUS SEINEM LEBEN. UNTERSTÜTZT WIRD DOMINIK VON DER STIFTUNG “DEKEYSER & FRIENDS”, DIE WELTWEIT EIGENE UND BEREITS BESTEHENDE PROJEKTE FINANZIELL, MIT IDEEN UND TATKRAFT UNTERSTÜTZT UND INITIIERT.

 

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