Generationenwechsel: Ein neuer Vormann für Wustrow
Die Station des Fischerdorfs Wustrow an der Ostsee hat einen neuen Vormann. Anfang November übernahm Christian Levien (39) die Aufgabe von Karl-Heinz Priebe (68), der ein Vierteljahrhundert die Station leitete. Beide sind Söhne Wustrows und seit vielen Jahren ehrenamtlich im Ort tätig. Wir von Ankerherz bedanken uns bei beiden für ihre Engagement. Respekt!
Der folgende Text stammt von den Seenotrettern, Bremen, und wurde leicht bearbeitet:
„Irgendwann musst du loslassen und die Verantwortung in jüngere Hände geben“, sagt Karl-Heinz Priebe. Der 68-Jährige ist fast sein halbes Leben lang freiwilliger Seenotretter. Nach einer solch langen Zeit fiel ihm der Schritt zurück in die zweite Reihe verständlicherweise schwer, ist er doch mit der Station und seinem Ehrenamt fest verwachsen. So ganz geht er dann auch nicht: „Ich bleibe als Rettungsmann dabei, solange es meine Gesundheit zulässt und meine Hilfe benötigt wird.“ Und selbstverständlich stehe er seinem Nachfolger jederzeit mit Rat und Tat zur Seite.
Karl-Heinz Priebe stieg 1984 bei den Seenotrettern in Wustrow ein, einer Rettungsstation mit langer Tradition: Sie existiert bereits seit 1847 und gehört zu den ältesten an der deutschen Ostsee. Obwohl die DDR den Seenotrettungsdienst zwischenzeitlich staatlich organisiert hatte, waren zwischen Poel und Ueckermünde auch in dieser Zeit weiterhin überwiegend Freiwillige wie Karl-Heinz Priebe im Einsatz. „Der damalige Vormann fragte mich, ob ich als Kraftfahrer mitmachen wolle.“ Er stimmte sich mit seiner Frau ab und sagte zu.
Vom LKW-Fahrer zum Seenotretter
Lkw-Fahrer waren in Wustrow schon in den 1980er Jahren zu DDR-Zeiten gesucht: Die Besatzung transportierte damals genauso wie heute an der schmalsten Stelle der Halbinsel Fischland ihre Rettungseinheit mit einer Zugmaschine und einem Trailer zum Strand der offenen Ostsee oder des rückwärtigen Saaler Boddens. So saß der Sohn eines Fischers zunächst am Lenkrad des Vielzweck-Lastkraftwagens „W 50“ und brachte seine Kollegen zum Ufer. Bald wechselte er den Platz: Er fuhr mit raus auf See, um Menschenleben zu retten.
In seinen 35 Jahren als freiwilliger Seenotretter hat Karl-Heinz Priebe viel erlebt, das eine Ereignis hat sich dabei nicht in seinem Gedächtnis festgesetzt. Vielmehr sind es die vielen kleinen Gesten der Geretteten, das ausgesprochene Danke oder der warme Händedruck, die in Erinnerung bleiben. „Mich hat es in all den Jahren immer wieder glücklich gemacht, wenn wir jemanden retten konnten.“ Auch für seinen Nachfolger Christian Levien sind das die Momente, die bleiben, die ihn antreiben, seine knapp bemessene Freizeit für die Seenotretter einzusetzen.
Das Ziel: Menschen retten!
Wie Karl-Heinz Priebe ist Christian Levien (39 in Wustrow aufgewachsen. Genauso wie sein Vorgänger warb ihn der amtierende Vormann der DGzRS-Station an: „Karl-Heinz Priebe fragte mich, ob ich nicht als Lkw-Fahrer bei den Seenotrettern mitmachen will.“ Ja, er wollte. Das war 2004. Am Anfang steuerte er den Unimog und zog mit ihm den Trailer samt BARSCH vom historischen Rettungsschuppen zum Strand. Die BARSCH ist eines von drei sogenannten Boddenbooten, die sowohl für die flachen Boddengewässer als auch für die offene See konstruiert sind. Das Gespann ist den geografischen Gegebenheiten der Halbinsel optimal angepasst.
Irgendwann wollte Christian Levien mehr als immer nur vom Rettungsschuppen zum Strand und zurückfahren. Der gelernte Maurer wollte mit raus auf die Ostsee, auf den Saaler Bodden. Nicht nur bei Kaiserwetter, sondern auch wenn Sturm die See zu hohen Wellen auftürmt, die das sieben Meter lange Seenotrettungsboot so richtig durchschütteln. Immer mit dem Ziel: Menschen aus gefährlichen oder gar lebensbedrohlichen Situationen zu befreien.
Wir von Ankerherz bedanken uns bei beiden für ihr Engagement – und bei allen knapp tausend Seenotrettern entlang der deutschen Nordsee- und Ostseeküste.
0 comments