Das Schatzschiff: Der Untergang der HMS Lutine
Am 9. Oktober des Jahres 1793 sinkt die HMS Lutine in einem schweren Nordweststurm zwischen den Inseln Vlieland und Terschelling. Mehr als 240 Seeleute ertrinken. An Bord: Gold und Silber, die in Hamburg eine Bankenkrise verhindern sollten. Lest einen Auszug aus unserem „Kleinen Buch vom Meer: Inseln„.
Irgendwo unter den Wellen zwischen Vlieland und Terschelling liegen das Wrack und der Schatz der HMS Lutine. Eine französische Fregatte, die im Jahre 1793 von der Royal Navy erbeutet worden war und sechs Jahre später in einem schweren Nordweststurm sank. Das Schiff befand sich auf der Reise von Great Yarmouth nach Cuxhaven, mit einer besonders kostbaren Ladung an Bord: Gold und Silber in Münzen, im für die damalige Zeit unglaublichen Wert von 1.2 Millionen Pfund.
Nach einem Zeitungsbericht, der 1869 erschien, sollen sich auch die niederländischen Kronjuwelen an Bord befunden haben, aber ob dies eine Legende ist, kann niemand sagen. Die Ladung war dazu bestimmt, um eine Bankenkrise zu verhindern. Mehrere Hamburger Geldhäuser hatten Probleme mit ihrer Liquidität. Das Gold lagerte in Fässern mit dünnen Eisenreifen, das Silber in Fässern mit Holzreifen.
Die HMS Lutine strandet auf einer Sandbank
Am 9. Oktober 1799 strandete die HSM Lutine im Orkan auf der Sandbank zwischen Vlieland und Terschelling. Mehr als 240 Seeleute ertranken, es gab nur einen Überlebenden, dem es gelang, sich an einem Wrackteil festzuklammern. Der Kapitän und zwei Offiziere begrub man auf einem Friedhof von Vlieland, die Crew wurde in einem Massengrab nahe des Brandaris-Leuchtturms auf Terschelling beigesetzt. Einen See auf der Nachbarinsel nennt man bis heute „Dooedemanskisten“ (übersetzt: Särge), weil aus dieser Gegend das Holz für die benötigten Särge stammte.
Seit Jahrhunderten versucht man, den Schatz der HMS Lutine zu bergen. Im Jahr 1800 gelang es, ein Fass mit sieben Goldbarren und eine kleine Truhe mit etwa 4600 spanischen Piastern ausfindig zu machen, doch das reichte nicht, um die Kosten der Bergungsoperation zu decken. Das Wrack war längst zerschlagen, und die Sandbank, in die es sich eingegraben hatte, wanderte im Laufe der Zeit.
Schatz von enormen Wert
Wegen der immensen Summe, die der Schatz versprach, wurden immer wieder Bergungsoperationen gestartet, wofür ein Erfinder mit einem eigens entwickelten Sandbohrer anrückte. Die exakte Position des Wracks trug man mit 53° 21′ 34″ Nord, 5° 4′ 41,8″ Ost ein. Bis 1860 sank das Wrack auf eine Tiefe von 14 Metern, und mit jedem Jahr wurde es schwieriger, einen Versuch zu unternehmen.
Die große, 48 Kilo schwere Schiffsglocke der Lutine entdeckte man am 17. Juli 1858; sie hängt seither auf einem erhöhten Podest, dem „Underwriting Room“, bei der Schiffsversicherungsgesellschaft Lloyd´s in London. Warum sie die Inschrift „St Jean 1779“ trägt und nicht den Namen des Schiffes, das sie einst trug? Noch ein Geheimnis, das bis heute nicht geklärt werden konnte.
Glocke bei Lloyd´s in London
Einst wurde die Glocke geschlagen, wenn ein Schiff verloren ging. Zwei Schläge signalisierten den im Raum arbeitenden Brokern, dass ein verloren geglaubtes Schiff wieder aufgetaucht war. Wegen eines Risses in der Glocke wird sie nur noch zu besonderen Anlässen zum Klingen gebracht, etwa angesichts der Terroranschlägen des 11. September 2001 oder dem Tsunami 2004.
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