Stefans Geschichten vom Meer: Unsinkable Sam
Unsinkable Sam war sein Name, doch unsinkbar war er nicht wirklich. In Stefans Geschichten vom Meer geht es in dieser Folge um den berühmtesten Kater in der Historie der Seefahrt – der tatsächlich mehrere Leben hatte.
Eine Kolumne vom Meer sollte ja auch mal Entspannung bieten. Nach einer Woche mit russischem Dritte-Weltkriegs-Gehupe, dem neuen Außenpolitik-Experten Dieter Bohlen und mehr als 10% Wählerstimmen für den stümperhaftesten aller AfD-Landesverbände braucht es dafür besondere Maßnahmen.
Wäre das hier Facebook, würde jetzt ein maximal niedliches Katzenvideo laufen. Ich habe mich also umgesehen, und, tatsächlich: Ich habe etwas mit Katze gefunden!
Die Geschichte von Unsinkable Sam
Um einen Kater soll es gehen, und der Kalauer, dass sich Seeleute damit traditionell bestens auskennen: geschenkt. Seit der Zeit der Pharaonen segelten Katzen auf Schiffen mit. Historiker glauben, dass die phoenizische Handelsflotte die ersten domestizierten Katzen im Jahr 900 v.Chr. nach Europa brachte. Durch die Handelsschiffe verbreiteten sie sich überall auf der Welt.
Auf See war ihr Job klar geregelt. Die Katzen hielten die Population von Mäusen in Schach, die Proviant fraßen und kümmerten sich um Ratten, die Seuchen übertrugen. Manche Katzen hatten einen Spezialauftrag. Sie sollten Glück bringen, und damit sind wir beim Thema: der Geschichte des „Unsinkable Sam“.
Untergänge in Serie
Der Kater war ursprünglich Deutscher (vermutlich hieß er Oscar) und an Bord der „Bismarck“ unterwegs, einem Flaggschiff des Dritten Reichs. Als dieses am 18. Mai 1941 nach einem Seegefecht im Nordatlantik sank, fischten Marinesoldaten des Zerstörers „HMS Cossack“ den Fellhaufen von einem treibenden Wrackteil. Sie tauften ihn „Sam“.
Wenige Monate später wurde die „HMS Cossack“ mitsamt ihrem neuen Maskottchen vom deutschen U-Boot 563 torpediert. Das Schiff ging vor Gibraltar unter. Viele Crewmitglieder retteten sich an Bord eines anderen Zerstörers – auch der Fellträger.
Das Maskottchen geht in Rente
Nachdem der Kater bewiesenermaßen zwei Untergänge überlebt hatte, verpasste ihm die Royal Navy den Namen „Unsinkable Sam“. Als bekanntestes Maskottchen der Royal Navy kommandierte man ihn auf den Flugzeugträger „HMS Ark Royal“ ab. Der, kleine Pointe, maßgeblich an der Versenkung der „Bismarck“ beteiligt gewesen war.
Lange ging das allerdings wieder nicht gut.
Das Flaggschiff der Briten wurde am 14. November 1942 von einem deutschen Torpedo getroffen, exlodierte und ging unter. Mit Ausnahme eines Seemanns überlebten alle an Bord. Dass der „Unsinkbare Sam“ ebenfalls gerettet wurde? Ist klar.
Mit dem dritten Untergang endete allerdings die Karriere als Glücksbringer. Von Gibraltar aus brachte man Sam in ein Heim für Seeleute in Belfast, wo er zehn Jahre nach Kriegende starb. Ein Porträt von ihm ist heute im Besitz des „National Maritime Museum“ in Greenwich.
Unsinkable Sam, Legende der See.
Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag. Vorher war er Polizeireporter für die Chicago Tribune und arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie max, Stern und GQ von Uganda bis Grönland.
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