Russland-Frachter mit hochexplosiver Ladung beunruhigt Behörden

Der russische Frachter „Ruby“ beunruhigt zunehmend die Behörden mehrerer Staaten an der Nordsee und Ostsee. An Bord sind 20.000 Tonnen hochexplosives Ammoniumnitrat. Nach einer Havarie begann eine Odyssee auf der Nordsee. Oder steckt noch etwas ganz anderes dahinter?

Die seltsame Reise des russischen Frachters „Ruby“ löst bei Anrainerstaaten an der Nordsee und Ostsee zunehmend Sorgen aus. Kurz, nachdem das 183 Meter lange Schiff am 22. August den nordrussischen Hafen Kandalakscha verlassen hat, soll es im Sturm auf Grund gelaufen sein. Dabei wurde anscheinend die Steueranlage beschädigt – doch das Schiff Richtung Süden geschleppt.

Frachter macht Behörden Sorgen

AIS-Daten zeigen, dass das Schiff in internationalen Gewässern vor der Küste Norwegens Richtung Süden unterwegs war. Aktuell befindet sie sich knapp einhundert Seemeilen südlich von Norwegen, mit einem weiterhin südlichen Kurs. Der eigentliche Zielhafen war auf den Kanarischen Inseln. Zwischenzeitlich wurde die litauische Hafenstadt Klaipeda angegeben – die aber die Einreise verweigerte. 

Kein Hafen möchte den Havaristen aufnehmen, denn die Ladung ist potentiell bedrohlich. An Bord befinden sich 20.000 Tonnen Ammoniumnitrat, das zwar schwer entzündlich, dann aber hochexplosiv ist. Als im August 2020 eine gewaltige Explosion die Docks von Beirut erschütterte und mehr als 200 Menschen tötete, flogen nach Angaben eines Untersuchungsberichts 2750 Tonnen dieses Stoffs in die Luft. Die Detonation löste Erschütterungen aus, die einem Erdbeben der Stärke 3,5 entsprachen. An Bord der Ruby befindet sich die siebenfache Menge.

Tromsø verweist das Schiff des Hafens

Einiges erscheint seltsam im Falle des Frachters Ruby. Warum wurde das Schiff nicht direkt nach Grundberührung zurück in den Hafen geschleppt und dort repariert?  Warum diese Odyssee, bei der sich der Frachter zwischenzeitlich bis auf wenige Kilometer NATO-Stützpunkten näherte, unter anderem auf der norwegischen Insel Andøya. Im nordnorwegischen Tromsø verwiesen die Behörden das Schiff wegen seiner riskanten Ladung des Hafens.

Nicht nur der Analyst Jacob Kaarsbo vom dänischen Think Tank Europa findet dieses Verhalten „verdächtig“. Im dänischen Fernsehen schloss er nicht aus, dass etwas anderes dahinter steckt. Die „Ruby“ könnte Teil einer Kampagne hybrider Kriegsführung sein. Russland wolle damit die Reaktion nordeuropäischen Staaten testen.

Warnung vor Russlands „Schattenflotte“

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs warnen Experten vor einer russischen „Schattenflotte“. Schrottreife und miserabel gewartete Schiffe transportieren ohne Versicherungsschutz russische Güter und Öl durch die Nordsee und Ostsee. Wer haftet im Falle eines Unglücks? Finnlands Grenzschutz und der schwedische Außenminister hatten vor einer möglichen Ölpest gewarnt. Über russische Spionageschiffe und Sabotageaktionen wurde ebenfalls berichtet (HIER im Ankerherz Blog: Putins unheimliche Spionageschiffe).

Wie geht es nun weiter mit Frachter Ruby? Schwedische Häfen wie Göteborg verweigern das Anlegen. Dänemark lässt das Schiff nur durch sein Seegebiet, wenn ein Lotse an Bord ist. Ein Sprecher des Havariekommandos in Cuxhaven sagte auf Anfrage von Ankerherz, man beobachte die Lage gemeinsam mit anderen Behörden. Zuständig ist das Havariekommando aber erst dann, wenn es im deutschen Hoheitsgebiet zu einer Schadenslage kommt.

Auf MarineTraffic ist aktuell Marsaxlokk als Ziel angegeben, ein Hafen auf Malta im Mittelmeer…

 

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