Ankerherz History: Der Untergang der Adelheid

Auf der Außenjade sinkt im September 1960 ein kleiner Frachter. Fünf Menschen treiben in der kalten Nordsee. Eine Tragödie nimmt ihren Lauf. Der Untergang der Adelheid erschüttert die Menschen an der Küste. Ein Rückblick in Ankerherz History.

25. September 1960, auf der Außenjade. Der kleine Fachter „Adelheid“ ist mit einer Kohleladung auf dem Weg nach Wilhelmshaven. Das Wetter ist schlecht und der Wind nimmt weiter zu. Auf Höhe des Leuchtturms Mellumplate verbiegt sich das Rudergestänge. Der Kapitän setzt die Adelheid auf das Mellumriff. Bei Ebbe, wenn das Schiff trockenfällt, will er den Schaden reparieren.

Doch das Wetter verschlechtert sich immer weiter. Wellen krachen gegen den kleinen Frachter. Das Schiff nimmt Wasser. In ihrer Not zünden die Schiffbrüchigen nicht nur Signalfackeln, sondern auch ihre Bettlaken an, um auf ihre verzweifelte Lage aufmerksam zu machen. Doch an Land werden die Lichtzeichen falsch verstanden: In der Nähe läuft ein Manöver der Marine, und die Menschen denken, die Signale gehörten zu einer Übung.

Als der Kapitän das Rettungsboot klar machen will, stellt er entsetzt fest, dass es nicht mehr an Bord ist: Ein Tampen ist gerissen. Gegen Mitternacht rollen mehrere große Wellen über das Deck und spülen die Crew von Bord.

Fünf Schiffbrüchige im Wasser

Fünf Menschen treiben nun in der Nordsee, immer weiter hinauf auf die offene See. Unter ihnen ist Klara Meiners, 22, die Frau des Kapitäns, die sich ihren acht Monate alten Sohn vor den Oberkörper gebunden hat. Es sind furchtbare Stunden für die Schiffbrüchigen. Mehr als 14 Stunden treiben sie im kalten Wasser. Der Kapitän hatte seine Rettungsweste an die seiner Frau angeleint. Er stirbt in der Nacht, ebenso wie ihr kleiner Sohn, die Mutter von Klara Meiners und der Schiffsjunge.

Als die Besatzung eines russischen Dampfers am Morgen des 26. September Wrackteile sichtet, alarmiert sie die Seenotretter. Die Besatzung aus Horumersiel läuft sofort aus. Gegen Mittag entdecken die Männer des Motorrettungsboots „Ulrich Steffens“ einen gelben Flecken in der grauen Sturmsee. Es ist Klara Meiners. Sie ist beinahe erfroren. Die Seenotretter ziehen sie aus dem Wasser, ebenso wie die Leichen ihrer Liebsten. Die junge Frau des Kapitäns ist die einzige, die diese Tragödie überlebt.

Der Untergang der Adelheid

„Diese Tragödie war fast nicht glaubhaft“, erinnerte sich Rolf Zeh, einer der Seenotretter, später an diesen Einsatz. „Wir alle hatten danach schlaflose Nächte.“ Rolf Zeh, 55 Jahre lang Rettungsmann der DGzRS, wurde für seine Verdienste mit goldenen Ehrennadel ausgezeichnet. Er war der erste aktive Seenotretter, der ein halbes Jahrhundert im Einsatz schaffte.

Nachbemerkung: Für Schlagzeilen und Empörung sorgte eine bürokratische Sauerei. Das Hauptzollamt Leer in Ostfriesland verlangte von der Kapitänswitwe nachträglich 219,10 D-Mark Zollgebühren für die Tragödie. Begründung: Mehrere hundert Liter des zollbegünstigten Gasöls für den Schiffsmotor (die zum Teil untergingen, zum Teil Signalfackeln entzündeten) seien nicht bestimmungsgemäß für den Motor verwandt worden.

Sie seien daher zollpflichtig.

 

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