ANKERSCHMERZ: Obdachlose brauchen mehr Kältehilfe

Jeden Samstag schreibt Ankerherz-Autor Dominik Bloh eine Kolumne in der Hamburger Morgenpost. „Auf den Straßen von Hamburg“ bietet einen anderen Blick auf die Großstadt. Er fordert: Obdachlose brauchen mehr Kältehilfe.

Der vierte Tote in vier Wochen in Hamburg. Wieder ist ein Mensch auf den Straßen unserer Stadt erforen, so kurz vor Weihnachten. Und wieder hat es auch schwere Angriffe gegen Obdachlose gegeben. Dabei wurde auch wieder versucht, jemanden in seinem Schlafsack anzuzünden.

Menschen auf der Straße sind in Lebensgefahr.

Wie ist das, wenn ein Obdachloser stirbt? Was passiert dann? Kommt jemand, um sich zu verabschieden? Wer vermisst sie? Haben die Menschen Freunde, die um sie trauern? Wie wurden sie bestattet? Haben sie Blumen auf das Grab gelegt bekommen?

Was passiert, wenn ein Obdachloser stirbt?

Oder war da niemand? Wurden sie alleine gelassen, wie schon oft im Leben. Einfach in der Erde vergraben und weg.  Das macht mich nachdenklich. Es passiert viel Schlimmes. Vieles davon kann man nur schwer ändern. Andere Sachen aber lassen sich verändern. Wenn es den Willen dazu gibt. Wir brauchen mehr Kältehilfe!

Der Erfrierungsschutz der Stadt ist nachmittags bis in den nächsten Morgen zugänglich. Dabei ist es auch tagsüber eiskalt. Dieses Wetter macht krank, wenn man auf der Straße lebt. Der Körper wird schwächer und man ist anfälliger für ernste gesundheitliche Schäden.

 

Es gibt einige Gruppen auf der Straße, die keinen Zugang zum Winternotprogramm haben. Das trifft ganz besonders auf Osteuropäer zu. Es gibt keine Container für Paare. Natürlich trennt man sich nicht oder nur sehr ungern, wenn man sich zusammen durchschlägt. Das gilt auch für Obdachlose mit Hunden. Für manche ist ihr Hund der letzte Freund. Den würden sie nie alleine lassen. Allerdings darf man nicht mit Tieren das Winternotprogramm nutzen.

Ein Hund sind für manchen der letzte Freund

Es können also schon gar nicht alle das Angebot wahrnehmen. Die hohe Bettbelegung und die „Stille Post“ der letzten Jahre hat diesen Ort unattraktiv gemacht. Obdachlose meiden einige Unterkünfte, weil diese einen schlechten Ruf haben. Wenn immer weniger Menschen dorthin möchten, dann sollte man überlegen, etwas an dem Angebot zu verbessern.

 

Außerdem plädieren viele für einen Kältebus, den es in anderen Städtenschon gibt. Dieser soll helfen, Menschen zu entdecken, die in akuter Gefahr schweben, um sie aufzusammeln und in eine Unterkunft zu bringen. Oft fällt es Passanten schwer, jemanden anzusprechen, der regungslos auf dem Boden liegt. Vielleicht schläft der nur? Was ist, wenn er sich gestört fühlt? Das sind Gedanken, die einem durch den Kopf gehen.

Wir brauchen mehr Kältehilfe!

In diesen Momenten ist es besser, den Krankenwagen zu rufen. Wenn man sich selber nicht traut nachzusehen, dann sollte man Bescheid geben, damit sich andere kümmern.

Ich habe eine Bitte: Gebt auch in diesen Tagen vor Weihnachten, in denen wir Geschenke kaufen und auf dem Weihnachtsmarkt unterwegs sind, acht auf unsere Mitmenschen!

 

Dominik Bloh, Jahrgang 1988, lebte elf Jahre lang immer wieder auf den Straßen von Hamburg. Sein Buch über sein Leben heißt: „Unter Palmen aus Stahl“,  und wurde ein SPIEGEL-Bestseller. Überall im Handel und auf hier im Onlineshop von Ankerherz.

 

 

 

 

 

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