Fotoausstellung von Chris Killip: Die letzten Schiffe

„Die letzten Schiffe“ heißt eine Ausstellung des Fotografen Chris Killip. Er dokumentierte das Leben der Menschen in Werftarbeiterstädten im Norden Englands in den 1970er Jahren. Ihren Stolz, ihren Alltag – aber auch ihren Niedergang.

Diese Bilder sind so eindrucksvoll, dass sie nach nur einmaliger Betrachtung im Gedächtnis bleiben. Sie brennen sich ein. Spielende Kinder, die Häuser einer Arbeitersiedlung nahe der Werft „Swan Hunter Shipbuilders Ltd“ in Wallsend. Dahinter der hoch aufragende Bug des Supertankers „Tyne Pride“, der für Stolz und Niedergang steht. Es sind schlichte, rohe und deshalb so kraftvolle Arbeiten, die der Fotograf Chris Killip in der Laing Art Gallery in Newcastle ausstellt. Sie dokumentieren den Niedergang der Werften, von der sich einige Städte im Norden Englands bis heute nicht erholt haben. Der Fotograf möchte mit seiner Arbeit die Docker der Tyneside ehren.

Chris Killip. Die letzten Schiffe, Laing Art Gallery Newcastle

Berührende Fotografien: „Die letzten Schiffe“

Vor kurzem hat der Rockstar Sting die Werften dieser Region, in der er aufwuchs, mit einem Album („The Last Ship“) in berührenden Songs gewürdigt. Auch die Fotoausstellung „Die letzen Schiffe“ hat eine Melancholie, der man sich kaum entziehen kann. Die zufällig aufgenommenen Szenen wirken wie inszeniert, wie Kulissen in einem großen Theaterstück. Sie sind poetisch, obwohl sie auf den ersten Blick so roh erscheinen. Aufnahmen spielender Kinder, von Arbeitern am Ende einer Schicht, eine verwüsteter Straßenzug, der an eine Kriegszone erinnert.

Das bekannteste Motiv der Dokumentation heißt „Tyne Pride am Ende der Straße“. Kinder in Hauseingängen, am Ende der Straßenflucht der massive Bug des Supertankers. In den Details erkennt man die große Geschichte, und dies macht die Bilder so eindrucksvoll. Sie sind authentisch und echt und auf eine leise Art verstörend. Im Katalog der Ausstellung heißt es: „Dies ist Englands Lebensnerv; eine Industrie, die getrieben war von Jahren harter Arbeit, Hingabe und Ausdauer, in einer Landschaft aus Stahl.“

 

Killip präsentiert aber auch den rasanten Verfall und das Elend, den das Sterben der Werften mit sich brachte. Ein Foto zeigt die Gerald Street mit spielenden Kindern und einem parkenden Auto. Zwei Jahre später ist diese Straße ein vermülltes Trümmerfeld. An einer Hauswand steht als Graffiti: „Wählt nicht. Bereitet Euch auf die Revolution vor“. Die Kinder sind verschwunden. Das parkende Auto.

Und das letzte Schiff.

Der Supertanker „Tyne Pride“ wurde im November 1976 fertiggestellt. Er war 343 Meter lang und trug 119.821 Tonnen Ladung, ein Gigant seiner Zeit. Das Schiff wurde für weniger Geld verkauft, als der Bau gekostet hatte.

Der Fotograf Chris Killip blieb in Newcastle

Chris Killip, Jahrgang 1946, wurde in Douglas auf der Isle of Man geboren. Mit 18 zog er nach London, um Fotograf zu werden und kam 1975 wegen eines Förderprogramms nach Newcastle-upon-Tyne. Dort lebte er nahe der Werftsiedlung. Was für zwei Jahre geplant war, wurde ein Aufenthalt, der bis 1991 dauerte. In diesem Jahr wurde er Professor der Universität vom Harvard, bei der er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2017 blieb. Seine Arbeiten wurden u.a. ausgestellt im Museum of Modern Art, New York, The Stedelijk Museum, Amsterdam oder dem Victoria and Albert Museum, London.

Chris Killip. Die letzten Schiffe, Laing Art Gallery Newcastle

 

„Die letzten Schiffe“ ist eine Dauerausstellung der großartigen Laing Art Gallery in Newcastle. Wir zeigen die Fotografien mit freundlicher Genehmigung. Die Ausstellung hat noch bis zum 24. Mai 2020 geöffnet. Eine unbedingte Empfehlung, wenn Ihr im Norden Englands oder in der Region unterwegs seid!

 

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