HAIFISCH BAR Geschichten: Die Frau mit dem Leguan
Der „Fachkräftemangel“ ist ein Thema in vielen Talkshows, ständig dreht es sich in Debatten um den „Fachkräftemangel“. Die Frage also, wie es gelingt, qualifizierte Mitarbeiter in Betriebe zu bekommen. Ein Problem, was so ziemlich alle Branchen kennen – und auch Gert Schlufter, der Chef der Haifisch Bar.
Wer am Tresen der Hafenbar arbeitet, muss ausschenken, aber eben auch einstecken können. Schlufter vergleicht die Rolle in manchen Nächten mit der eines Therapeuten, der eher zufällig den Zapfhahn bedient. Manche Gäste wollen Probleme los werden und suchen nicht nur Pils, sondern seelischen Zuspruch. Wer im Hai arbeitet, sollte daher die Zähigkeit eines Raubfischs haben: Wie Norbert, der vorher auf dem Hamburger Berg arbeitete, ein drahtiger Haudegen mit tätowierten Armen.
„Tattoo-Lilly“ in der Haifisch Bar
Ich erinnere mich an eine Nacht, in der „Kalle“ Dienst hinter dem Tresen hatte. Eine Dame fiel den anderen Gästen mit einer gewissen Hochnäsigkeit auf die Nerven. Als sie von der Toilette zurückkam, wartete Kalle einen Moment ab, um dann laut anzumerken: „Du warst aber lange weg. Ich hoffe, du hast das Fenster aufgemacht?“ Sie ging dann, unter allgemeinem Gelächter.
Einige Jahre ist es her, dass ich bei Gert eine Frau mit langen, schwarzen Haaren, in Lederkluft und allerhand Verzierungen in der Haut als „Tattoo-Lilly“ vorstellte und nach einem Job fragte. „Oha“, dachte Gert, „Was wohl die Gäste dazu sagen?“ Er gab ihr den Job und zunächst schien alles gut zu gehen.
Es dauerte nicht lange, als sich Dieter, ein Stammgast, am Telefon meldete.
„Komm schnell! Hier rennt ein Leguan durch den Hai! Sechzig Zentimeter, mindestens.“
„Bitte was?“
„Die Tresenfrau sagt, das sei normal. Ist ihr Haustier.“
Gert setzte sich ins Auto und fuhr in seine Bar. Die neue Tresenkraft stand vor der Tür und rauchte. Aber keine Zigarette, sondern einen Joint.
„Was soll das denn?“, erkundigte sich Gert.
„Wieso, der Kleine hilft doch nur. Wo Fischbrötchen sind, gibt es doch viele Fliegen. Mein Leguan frisst die auf.“
Es gibt nicht viele Momente, in denen man Gert Schlufter, den alten Sankt Paulianer, sprachlos erlebt. Dies aber war einer. Nachdem die Information, die Fischbrötchen betreffend, eingesickert war, gab er der Frau mit dem Leguan eine Empfehlung auf den Weg. Sie möge es beruflich doch lieber in Hagenbeck´s Tierpark versuchen. Aber besser ohne den Joint.
Wir erzählen jeden Samstag eine Geschichte aus der Haifisch Bar. Haben Sie auch eine für uns? Melden Sie sich: haifischbar@ankerherz.de
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