HAIFISCH BAR Geschichten – Die letzten Kräne des alten Hafens

DIE LETZTEN KRÄNE DES ALTEN HAFENS

 Aufgeschrieben von Stefan Kruecken, Ankerherz.

Die schönsten Stunden in der Haifisch Bar sind gar nicht in der Nacht, wenn das Leben gefeiert wird. Die schönsten Stunden sind am Morgen, wenn der Hai gerade wieder öffnet. Wenn man mit einem schwarzen Kaffee zusehen kann, wie die großen Schiffe die Elbe Richtung Nordsee runter schieben oder die von See kommenden Schiffe Steuerbord nach Steinwerder abbiegen. Viele der modernen Containerfrachter drehen genau vor dem Hai, bevor Schlepper sie rückwärts zu den Kaianlagen ziehen.

Der Blick aus der Tür der Haifisch Bar geht zwischen zwei alten Hafenkränen hindurch, die Ende der 1930er Jahre bei Kampnagel gebaut wurden. Der Rost frisst an ihnen, sie sind in einem erbärmlichen Zustand. Kapitän Schwandt, der MOPO-Kolumnist, nannte ihren Verfall seinerzeit nach dem Gespräch mit Bürgermeister Olaf Scholz „eine Schande für Hamburg“. Von diesen Wippkranen – den letzten, die noch erhalten sind – gab es im Hafen einmal weit mehr als tausend, sie begründeten den Ruf Hamburgs als „schneller Hafen“. Dann änderte sich die Seefahrt, die Container kamen, und für die kleinen Kräne gab es keine Verwendung mehr. Heute lässt man sie verrotten.

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Die Kräne sind ein Symbol

Für Gert Schlufter, 70, den Wirt der Haifisch Bar, sind die Kräne ein Sinnbild. „Hör’ mir auf“, brummelt er, winkt ab. Dann hebt er an und schwärmt von „Früher“, als die Seeleute noch Zeit hatten, in den Hafen zu kommen und zu feiern. Die Seemannsmission nebenan, zu der die Matrosen früher nur nach Steuerbord und dreißig Meter weit torkeln mussten: „Heute ist das eine schöne Art Pension für Jedermann“, sagt Gert.

Seine Bar ist eine Art Museum mit Tresen. Was die Seeleute früher versetzten, um noch eine Runde Bier und Schnaps zu bekommen, ziert die Wände und baumelt von der Decke: Ein Steuerrad, einen Rettungsring, einen ausgestopften Hai, ein Schiffsmodel. Das sieht nach Abenteuer aus und nach Seefahrtsromantik, die Touristen in der Haifisch Bar suchen. Klischee Ahoi! Heute befindet sich die Seemannsmission weit draußen, ganz auf der anderen Seite des Hafens, mit dem Auto sind es knapp zwanzig Minuten in die Haifisch Bar.

Der alte Kapitän kommt nicht mehr

Einer der letzten Seeleute, die er regelmäßig begrüßen konnte, war ein pensionierter Kapitän, der früher fast jeden Tag vorbei kam. Einmal standen sie morgens vor der Eingangstür und beobachteten einen großen Frachter. „Kiek mol, mien Jung, der ist von min alter Line. Der geht heute wieder raus.“ Gert grinste, weil er dachte, es handele sich um einen Scherz. Als er spät Abends nach Hause ging, sah er das Schiff wieder: auslaufend, Kurs Nordsee.

Ab sofort erzählen wir jeden Samstag eine Geschichte aus der Haifisch Bar. Haben Sie auch eine für uns? Melden Sie sich: haifischbar@ankerherz.de

Es gibt eine Initiative für den Erhalt der alten Kräne. Bitte hier schauen – ANKERHERZ unterstützt das Projekt.

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