KAPITÄN SCHWANDT: erfolgreich Rauchen seit 63 Jahren
Mit Vergnügen habe ich vergangene Woche einen Artikel gelesen, in dem MOPO-Redakteure erzählen, warum sie noch immer Rauchen. „Ich brauche das als Ausgleich zum Sport“, schrieb einer. Diese flapsige Ansage gefällt mir. Ich rauche erfolgreich seit 63 Jahren. Mit 16 Jahren habe ich angefangen, als junger Matrose. Auf dem Frachter qualmte jeder mit dem Schornstein um die Wette. Das war früher beinahe Pflicht. Die „Smoke Time“, die regelmäßige Rauch-Pause, war als Ritual im Bordleben wichtig. Ein kleiner Frieden. Kurz Ausruhen, quatschen, gemeinsam Dampf ablassen – dann ging es weiter.
Vor kurzem war ich mal wieder beim Arzt. Kein Mann geht freiwillig gerne hin, aber es musste nach längerer Zeit mal wieder sein. Er fragte mich:
„Herr Schwandt, rauchen Sie?“
„Ja, Herr Doktor, zwei Packungen am Tag.“
„Zwei Packungen? Um Himmels Willen! Das müssen Sie dringend reduzieren!“
„Nein, Herr Doktor. Ich mache das seit mehr als einem halben Jahrhundert so. Wieso sollte ich nun damit anfangen?“
„Weil es extrem ungesund ist!“, rief er.
„Haben Sie schon mal einen gesunden Mann auf einem Friedhof gesehen? Irgendwie müssen wir doch alle abtreten“, entgegnete ich. Das gab ihm den Rest.
Er will rauchen! Steinigt ihn!
Ich verstehe ja, dass Nicht-Raucher die Nebenwirkungen nicht ertragen wollen. Dagegen gibt es nichts einzuwenden. Ich nehme Rücksicht. Den Hass aber, den man heute als Raucher teilweise ertragen muss, den verstehe ich überhaupt nicht. Ich nenne es eine Art späte Christenverfolgung. Oft sind es ehemalige Raucher, die am lautesten nach Verboten schreien. Die sind teilweise richtig militant. Dabei ist Rauchen doch auch noch immer eine persönliche Entscheidung. Meine Sache. Natürlich ist es ungesund. Natürlich ist es eine Sucht, aber eine, bei der ich im Gegensatz zu Alkohol oder Drogen Herr meiner Sinne bleibe.
Jajaja, das ist alles schon in den immer gleichen Diskussionen geklärt worden. Doch im Kern geht es darum: Rauchen hat etwas mit Freiheit zu tun, mit dem Respekt vor einer individuellen Entscheidung. Und Freiheit ist mir immer wichtig gewesen.
Jürgen Schwandt, Jahrgang 1936, wuchs in Sankt Georg auf. Gerade erschien die Sammlung seiner besten Kolumnen aus der Hamburger Morgenpost. KLARE KANTE gibt es überall im Handel und kann hier bestellt werden.
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