MIT HENNING BAUM in der „Ritze“ auf Sankt Pauli
Reeperbahn 140, Sankt Pauli, ein Hinterhof: Es gibt keinen besseren Ort, ein Buch über das Boxen vorzustellen. Oben eine Bar mit gerahmten Fotos, die von Gästen wie Frank Sinatra oder Max Schmeling gewidmet wurden. Im Keller der Ring, in dem die Klitschkos trainierten, Eckhard Dagge oder Dariusz Michalczewski. An den Wänden die Plakate zu Kämpfen der Größten, von Tyson, von Hearns, von Ali. Die „Ritze“ ist kein Box-Keller mit Tresen. Es ist ein Museum, in dem bis heute geschwitzt wird.
Henning Baum, 42, „Der letzte Bulle“ oder der „Götz von Berlichingen“ zieht die Schuhe aus, als er durch die Seile steigt. „Aus Respekt vor dem Ring und den Sportlern“, wie er sagt. Er ist aus dem Ruhrgebiet angereist, um KNOCKOUT vorzustellen. Ein Buch und die Frage: Ist Boxen Sport? Oder etwas Größeres?
Das vielleicht beste Boxbuch
Für KNOCKOUT sind Reporter nach Las Vegas geflogen, nach Grosny getrampt, sie reisten nach Auschwitz, nach New York, nach Oberhausen und in die Vergangenheit. Einer weinte mit seinem Kämpfer. Einer ist Mike Tyson.
Mehr als hundert Gäste sind gekommen, Fernseh-Teams von RTL, Sat1 und dem NDR, natürlich auch Takis Würger, derzeit in England lebender Herausgeber von KNOCKOUT. Der Fotograf Devin Yalkin, dessen Bilder aus den Underground-Boxnächten von New York das Buch schmücken, kam extra für diese Nacht aus Brooklyn. Auch Christian Krug, Chefredakteur des „Stern“ und Autor des Ankerherz-Bestsellers „Mein McQueen“, und Kapitän Schwandt sind der Ritze dabei.
Henning Baum boxt selbst
Baum, der seit seiner Jugend boxt, hat zwei Geschichten ausgesucht. „Den Boxer von Auschwitz“, die Geschichte von Noah Klieger, der das Lager überlebte, weil er sich als Faustkämpfer ausgab. Und „Letzte Runde“, das tragische und doch mutmachende Porträt des Berufsboxers Andreas Sidon. Baum trägt die Geschichten mit den Tiefen seiner Stimme vor, manchmal klingt es wie ein Donner, dann wird er ganz leise. Einige Zuhörer weinen, so intensiv und ergreifend ist der Vortrag. Andreas Sidon steht im Publikum, ein großer Mann mit kahlem Haupt, er trägt seinen Anzug wie eine Rüstung. Ihm stehen Tränen in den Augen. Baum sagt hinterher, er habe während des Lesens nicht zu ihm hinsehen können.
„Das Buch ist nicht nur etwas für Boxer. Es geht um das Ur-Menschliche. Um die Frage, was das Boxen mit ihnen macht oder was sie durch das Boxen erreichen können“, sagt Baum. „Es sind Geschichten über Menschen.“
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(Alle Fotos von PETER LÖFFELHOLZ & CLAUS BUSE. Vielen Dank.)
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