Schiffsunglück: Hilda, die „Titanic der Bretagne“
Man spricht von der Titanic der Bretagne. Freitag, 17. November 1905. Die Hilda, Dampfschiff der „London und South Western Railway“, verlässt den Hafen von Southampton. Das Schiff pendelt als Fähre mit Passagieren und Fracht vom Süden Englands nach Saint-Malo in Frankreich. An Bord sind 103 Passagiere und 28 Crewmitglieder.
In einem Antiquariat entdeckte ich diese alte Postkarte. Sie zeigt fünf Männer, die mitgenommen aussehen. Saint Malo – die Überlebenden der Hilda steht auf der Karte. Es handelt sich um die Überlebenden eines Unglücks, vom dem als „Titanic der Bretagne“ gesprochen wird. Welche Geschichte steckt dahinter?
Schon der Start der Reise beginnt mit Schwierigkeiten. Dichter Nebel über dem Englischen Kanal verzögert die Überfahrt. Kapitän Williams Gregory, 56, ein erfahrener Seemann und schon seit mehr als dreißig Jahren in Diensten der Reederei, entscheidet, auf Höhe der Festung Hurst Castle auf der Isle of Wight vor Anker zu gehen und abzuwarten.
Die Titanic der Bretagne
Um 6 Uhr morgens hebt Crew der Hilda den Anker und dampft weiter. Das Schiff erreicht den Chanel de Petite Port, die Einfahrt des Hafens von Saint-Malo, nach einer zwölfstündigen Reise. Das Wetter ist schlecht. Kapitän und Passagiere können den Leuchtturm Phare du Grand nur schemenhaft in der Dunkelheit erkennen. Schwere See und starke Schneefall, den der Sturm treibt, sorgen für schlechte Sicht. Kapitän Gregory beschließt erneut, vor dem Hafen abzuwarten, bis sich die Lage beruhigt und die Sicht aufklart.
In den meisten Fällen ist Vorsicht richtig. In diesem Falle aber soll sie verhängnisvoll sein.
Stunde um Stunde vergeht.
Der Wellengang nimmt immer weiter zu. Für die Passagiere, die hin und her geworfen werden und von denen viele seekrank sind, beginnt eine furchtbare Zeit. Um kurz vor Mitternacht erfasst eine gewaltige See das Schiff. Es wird auf die Felsen des Riffs La Pierre des Ports geworfen. Notraketen erhellen die Nacht, das Schiffern ertönt, doch Hilfe ist in diesem Wetter nicht zu erwarten.
An Steuerbordseite lässt man ein Rettungsboot zu Wasser. Es wird von einer Welle gegen den Rumpf geschleudert und zerschmettert. Brecher überrollen das Deck und reissen Passagiere und Crewmitglieder mit.
Das Schiff zerbricht
Die Wellen zerschlagen nun das Schiff. An Bord spielen sich verzweifelte Szenen ab. Menschen versuchen, sich an der Takelage festzuhalten. Einige suchen Zuflucht in den Kabinen, wo sie dann ertrinken. Die Hilda legt sich immer mehr auf die Seite. Gegen 2 Uhr am frühen Morgen des 19. November bricht es auseinander.
Nur sechs Menschen werden gerettet, ein Crewmitglied und fünf französische Passagiere. 125 Menschen finden den Tod, darunter auch der Kapitän Gregory.
Die Hilda geht als „Titanic der Bretagne“ in die Geschichte ein.
(Die Fotos zu diesem Beitrag stammen von einer Gedenkseite, die dem Schiffsunglück der Hilda ein Andenken bewahrt.)
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