SCHWEDEN-HUMOR: „Was hat Trump denn geraucht?“

Mit wunderbarem Humor hat die schwedische Öffentlichkeit auf die Übertreibungen des amerikanischen Präsidenten Donald Trump reagiert. „Schaut Euch an, was gestern Nacht in Schweden passiert ist“ In Schweden!“ rief Präsident Donald Trump seinen Anhängern bei einer Wahlkampfveranstaltung in Florida zu. Er meinte einen Terroranschlag oder ein Verbrechen.

Was folgte, war eine Welle des Spotts auf Twitter (unter dem Hastag #lastnightinsweden). Schwedische Nutzer posteten Fotos von Rentieren, Hackfleischbällchen und Montageanleitungen für Ikea-Möbel. Schwedische Zeitungen dokumentierten die Ereignisse dieser furchtbaren Nacht:

# Der berühmte Sänger Owe Thörnqvist hatte Probleme bei einer Probe.

# Wegen Schneefalls musste die Schnellstraße E10 zwischen Katterjåkk and Riksgränsen gesperrt werden.

# Die Polizei in Stockholm verfolgte einen mutmaßlichen Autodieb.

Schweden, Lügen, Trump: „Was hat der denn geraucht?“

Zu den Fakten, also nicht den Lügen von Trump, sondern den echten Fakten: Statistiken zufolge geht die Kriminalitätsrate in dem EU-Land seit 2005 zurück, obwohl Schweden Hunderttausende Einwanderer aus Ländern wie Syrien oder dem Irak aufgenommen hat. Die schwedische Regierung bittet nun das Weiße Haus um eine offizielle Erklärung. Für den ehemaligen Außenminister Carl Bildt ist der Fall klar: „Was hat Trump denn geraucht?“, fragt er.

Das ist alles lustig, aber nur solange man nicht etwas länger darüber nachdenkt, was gerade passiert.

Der mächtigste Mann der freien Welt erfindet Nachrichten, die ihm in den Kram passen. „Fake-News“ sind für ihn hingegen alle Meldungen, die nicht sein Bild der Welt oder die Wahrnehmung der eigenen Großartigkeit passen. Sein Frontalangriff auf „New York Times“, „Washington Post“, „ABC“, „NBC“ und „CNN“, die er als „Feinde des amerikanischen Volkes“ bezeichnete, ist ein Vorgehen, das man von Dorftrotteln oder Feierabend-Despoten erwarten würde, nicht aber vom 45ten Präsidenten der Vereinigten Staaten.

Trump untergräbt die Legitimation der freien Presse, nachdem er sich abschätzig über Richter äußerte und die Arbeit der Sicherheitsorgane. Der Begriff „Lügenpresse“ kursiert längst auch in den USA, und die Muster, Fakten und Wahrheit anzuzweifeln, hat Methode. Auch bei uns, wo die AfD „No-Go-Areas“ entdeckt, die sonst keiner sieht und selbst märchenhaft sedierte Kleinstädtchen wie Buxtehude zu einer Art Chicago an der Este erklärt. Statistiken von BKA und Polizei zählen nichts, wo es um „gefühlte Wahrheiten“ geht.

Wie Populismus funktioniert, hat Ex-Weltbank-Direktor Moisés Naím in einem Gespräch mit der Neuen Zürcher Zeitung auf den Punkt gebracht:

„Erstens: Der Populist hetzt das Volk gegen eine kleine Elite auf – wir gegen sie. Zweitens: Der Populist beschreibt die gegenwärtige Lage im Staat als Desaster. Drittens: Neben der Elite als internem Feind, definiert er externe Feinde. Im Fall von Trump sind dies Mexiko und China. Viertens: Das Militär erhält viel Gewicht. Fünftens: Der Populist respektiert keine Fakten. Er setzt auf Emotionen im Volk – die sind echt. Anekdoten ersetzen Fakten. Sechstens: Den traditionellen Medien wird die Legitimation genommen.

Schweden-Humor gegen den Schwachsinn

Genau das ist so gefährlich: Woran soll man sich halten, wenn es nur noch „gefühlte Wahrheiten“ gibt? Wenn ein objektiver Status Quo abhanden kommt – wovon hängen dann Entscheidungen ab? Der Qualität der letzten Mahlzeit oder dem Programm eines Fernseh-Senders, wie im Falle Trumps, der angab, seine Information von FOX News zu haben? Offensichtlich reichte die Vorschau (!) eines Beitrags dieses recht zweifelhaften Rechts-Senders aus, damit sich Trump eine Meinung über die Lage in Schweden bildete.

Ja, man braucht Humor, eine große Portion Humor, um mit diesem Schwachsinn in diesen Tagen klarzukommen. Aber lustig ist es lange nicht mehr.

Julia und Stefan Kruecken auf Föhr

STEFAN KRUECKEN, JAHRGANG 1975, LEITET MIT SEINER FRAU JULIA DEN VON IHNEN GEGRÜNDETEN ANKERHERZ VERLAG. VOR DER VERLAGSGRÜNDUNG BERICHTETE ER ALS REPORTER FÜR MAGAZINE WIE MAX, STERN ODER GQ WELTWEIT, VON HOOLIGANS IN SCHOTTLAND, KINDERSOLDATEN IN UGANDA ODER EXPEDITIONSREISEN NACH GRÖNLAND.

 

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