Seemannsdiakon Sturm: Querdenker und falsche Patrioten

Querdenker und falsche Patrioten. Jede Woche schreibt Fiete Sturm, Seemannsdiakon in Hamburg-Altona, eine Kolumne für Ankerherz. In dieser Folge geht es um Querdenker und Rechtsextreme, die Fiete Sturm ärgern.

Die vergangenen Tage und Wochen waren in meiner medialen Wahrnehmung (leider) mal wieder durch die Umtriebe rechter Querdenker geprägt, die ich lieber „Querschläger“ nenne. Wurde am 9. November coronabedingt auf physische Gedenkveranstaltungen zur Pogromnacht von 1938 verzichtet, so lässt die Pegida-Bewegung rechtsextreme Redner wie Andreas Kalbitz mit ihren geschichtsvergessenen Geschmacklosigkeiten auftreten.

Die nötige Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer wird weiterhin konsequent und systematisch von Gruppen wie der „Identitären Bewegung“ diskreditiert. Und jüngst verschaffte die AfD dann noch, zur Abstimmung über das neue Infektionsschutzgesetz, rechten Störern und Influencern Zutritt zum Bundestag. Der groteske Vergleich mit Ermächtigungsgesetz vom März 1933 war da nur noch eine Entgleisung unter vielen.

All dies geht Hand in Hand mit einem albernen und verdrehten Deutschpatriotismus. Und doch merke ich, dass das einer der Punkte ist der mich (mal wieder) am meisten beschäftigt. Dieses reklamieren vermeintlicher „deutscher Tugenden“ und deren angeblicher Verteidigung gegen äußere Einflüsse wie linker Politik, Flüchtlinge, dem Islam oder wahlweise dem Judentum.

Die Motive von AfD und Co.

Nun ist mir bewusst, was AfD und Co. damit bezwecken. Geht es doch wie so oft um Geld und Einfluss. Aber trotzdem ärgert es mich, als deutscher Staatsbürger, dass rechte Spinner mein Heimatland und seine Errungenschaften für sich beanspruchen und neu interpretieren zu können!

Darum sage ich an die Adresse dieser Personen: Ihr seid geschichtsvergessene, zutiefst unmoralische, scheinheilige und dumpfe Rechtsdreher. Keine wahren Deutschen! Ihr seid eine laute Minderheit. Ihr seid Bauernfänger und bietet euren Mitbürgern einfache, aber gefährliche, weil verquere, Lösungen an. Ihr treibt euer hässliches Spiel zum Schaden unser Nation. Ihr spaltet, lügt und bereichert euch an denen, die euren verführerischen Worten Glauben schenken.

Noch etwas sage ich euch: „Ich, als Deutscher, brauche euch nicht, um Stolz auf mein Land zu sein!“ Ja, ich bin stolz darauf, Deutscher zu sein und daran mitzuwirken, dass dieses Land ein guter Ort für viele, unterschiedliche Menschen ist.

Sicher, es ist nicht alles Gold, was glänzt. Auch ein Infektionsschutzgesetz darf nicht unkommentiert durchgewunken werden. Kritik ist sinnvoll und nötig. Es gibt noch so viel mehr, das nicht rund läuft in diesem Staat. Aber das erwarte ich auch nicht. Das Leben als Gesellschaft ist immer ein Leben im Wandel und der Kompromisse. Nichtsdestotrotz liebe ich meine Heimat.

Querdenker und falsche Patrioten

Schon 2016 hat Jan Böhmermann in seinem Video „Be Deutsch“ dazu treffende Worte und Bilder gefunden denen ich z.T. augenzwinkernd zustimmen kann. Wir haben eine reiche Geschichte, die helfen kann, uns selbst zu reflektieren und dazu anzutreiben, es immer ein bisschen besser zu machen. Im internationalen Vergleich haben wir ein anständiges Gesundheitssystem, das uns bisher hilft, relativ gut durch die Corona-Krise zu kommen.

Wir sind solidarisch, passioniert und weltoffen. Unsere Demokratie ist stabil, aber nicht unverwundbar. Doch sehe ich viele Mitbürger, die sich täglich dafür einsetzen, sie zu schützen und zu verbessern. Wir wissen um unsere Schwächen und finden immer wieder Wege diese zu kompensieren. Durch Fleiß, Erinnerung, Aufarbeitung und Herz haben wir es geschafft, ein schwarzes Kapitel unser Vergangenheit in eine helle, fortschrittliche und soziale Nation zu transformieren.

Ich bin stolz auf unser Land

Unser Grundgesetz ermöglicht es uns, unsere Persönlichkeit frei entfalten zu können. Deutschland heute: Das ist eine Nation mit Fehlern und Problemen. Aber es ist auch eine Nation wie keine andere. In der Frieden, Solidarität und Offenheit eine wichtige Grundlage des gesellschaftlichen Miteinanders sind.

Und das lasse ich mir von euch Ewiggestrigen nicht kaputt reden oder mies machen! Ich fasse die Probleme meiner Heimat selbst und gemeinsam mit der Mehrheit seiner Bürger an. Dazu brauche ich nicht eure Parolen, eure Propaganda und euren Hass. Ihr bietet nur Unzufriedenheit, Neid und falsche Versprechungen.

Ihr seid nicht moralisch. Ihr seid nicht christlich. Ihr seid nicht deutsch.

Aus dem Hamburger Hafen,
Fiete Sturm

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