Stefans Geschichten vom Meer: die Havarie der Wakashio

Manche Geschichten liest man und möchte danach kurz raus, um einen Schrei loszulassen. Die Geschichte des Frachters Wakashio, der vor Mauritius auf ein Riff lief und dessen Öl ein Naturparadies stark verschmutzt, ist so ein Fall. Dies ist eine Geschichte maximaler Stümpereien im Inselparadies.

Fangen wir mit der Ursache der Katastrophe an. Das dreihundert Meter lange Schiff befand sich auf dem Weg nach Brasilien, als es viel zu nahe an der Ostküste Mauritius vorbeikam. Versuche der Küstenwache, die Brücke des Schiffs zu erreichen, scheiterten. Kein Mayday wurde abgesetzt, nichts. Erst, als das große Schiff schon auf dem Riff lag, meldete sich der Kapitän.

Nun ergibt sich ein Bild, warum der große Frachter so nahe an die Küste heran fuhr: An Bord lief eine Geburtstagsparty. Anscheinend wollte die Schiffsführung der Wakashio mit dem Manöver in den Bereich eines Wi-Fi-Signals kommen. So berichten lokale Journalisten und auch der Afrika-Korrespondent der BBC mit Verweis auf Ermittlerkreise.

Ein Fanal namens Wakashio

Das ist in seiner geballten Verantwortungslosigkeit nicht zu fassen und ähnlich absurd wie die Ursache für den Untergang des Kreuzfahrtschiffs Costa Concordia, die 32 Menschen das Leben kostete. Damals war Francesco Schettino, die Karikatur eines Kapitäns, möglichst dicht an die Insel Giglio heran gefahren, um einen ehemaligen Kollegen und einen Oberkellner zu grüßen.

Der Kapitän auf der Suche nach Internet heißt Sunil Kumar Nandeshwar, ein Inder, der wie sein Erster Offizier nun verhaftet wurde. Die japanische Reederei MOL konnte sich in einem Statement zu keiner Zeile der Unterstützung für ihre Crew durchringen; die Frage, wer für die Millionenschäden der Havarie aufkommt, dürfte spannend werden.

Mauritius hat keinen Notfallplan

Mehr als zwei Wochen lang lag das große Schiff auf dem Riff fest. Mauritius, das von seinen weißen Stränden und den Touristen lebt, verfügt über keine technische Ausrüstung, um eine Ölkatastrophe zu stoppen. Trotz vieler hundert Schiffe, die jährlich an der Insel vorbei kommen, scheint es auch keinen Notfallplan zu geben.

Tag um Tag sahen sich die Behördenvertreter der Wrack an, das übergroß neben dem Schutzgebiet „Blue Bay Marine Park“ lag, und unternahmen: wenig bis nichts. Nach Berichten lokaler Medien lehnte man sogar ein Hilfsangebot der Nachbarinsel La Reunion ab. Erst als klar wurde, dass große Mengen der 4000 Tonnen Öl an Bord austraten, kam Bewegung in die Rettungsaktion: Man bat unter anderem Frankreichs Präsident Emanuel Macron um Hilfe. Bis dahin versuchten verzweifelte Insulaner, die Ölpest mit primitivsten Mitteln zu bekämpfen.

Der Frachter wird versenkt

Der Tanker zerbrach durch die Kraft der Wellen. Den größeren Teil haben Schlepper nun knapp zehn Seemeilen weit hinausgezogen, wo er auf knapp 3200 Meter tief sank. Ein Sprecher von Greenpeace Afrika kritisierte die Aktion scharf. Der Ozean werde mit großen Mengen Schwermetall verseucht, das sich in der gesamten Region ausbreite.

An dieser Stelle darf man dann gratulieren: wirklich alles falsch gemacht.

 

Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag. Vorher war er Polizeireporter für die Chicago Tribune und arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie max, Stern und GQ von Uganda bis Grönland. Vor kurzem erschien sein neues Buch „Kapitäne!“

 

 

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