Stefans Geschichten vom Meer: Die Helden von Ballyglass

Die Helden von Ballyglass. In Stefans neuer Geschichte vom Meer geht es um Männer und Frauen, die für andere alles riskieren. Ein Gegenmittel gegen schlechte Stimmung durch Putin, Precht und Plötsinn…

Ich muss zugeben, dass ich eine neue Macke entwickelt habe. Jeden Morgen checke ich zuerst die Nachrichten. Wenn ich mit dem Mix aus Klimakrise, Atomwaffendrohung, Putin und Precht und Plödsinn zum ersten Kaffee schwer klarkomme, dann surfe ich weiter zu den Seenotrettern von Großbritannien und Irland.

Die Helden von Ballyglass

Im Abstand von ein paar Stunden wird die Einsatzseite der Royal National Lifeboat Insitution (RNLI) aktualisiert. Bei knapp 33.000 Kilometern Küstenlinie ist immer was los: Ein Fischer mit einem Netz in der Schraube vor Cornwall. In einem Dorf von Schottland fällt ein Hund über die Klippen. Der Chef der Station von Portsmouth geht in Rente. Die Einsatzberichte sind schlicht, die Fotos meist mit dem Handy geknipst.

Kleine Meldungen von Menschen, die Großes tun. Die anderen in Not helfen, einfach so, rund um die Uhr, auch bei Sturm und Seegang. Für mich ist die Seite eine Rückversicherung, dass es noch was Gutes in der Welt gibt. Danach kann der Tag starten.

Mann rettet sich in Höhle

Manchmal gibt es auch Einsätze wie aus einem Actionfilm. Zum Beispiel in dieser Woche nahe des Dorfes Ballyglass im Westen Irlands. Zwei Spaziergänger waren von Wellen überrascht und in eine Höhle gespült worden. Die Frau wurde von einem Mann auf einem Paddleboard rechtszeitig rausgeholt, der Mann kletterte auf einen Vorsprung am Ende der Höhle, um sich vor der See in Sicherheit zu bringen. Nun saß er fest.

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Eine komplizierte Rettungsaktion lief an, mit Einheiten der Küstenwache, Tauchern, Hubschraubern. Während dieser Zeit blieb das Boot der Seenotretter von Ballyglass auf See vor der Höhle in Bereitschaft. Sie leuchteten mit einer starken Lampe in die Dunkelheit und riefen dem Eingeschlossenen immer wieder zu, dass Hilfe unterwegs sei. Mut machen. Die Crew – allesamt Freiwillige – weigerte sich, abzuziehen, bevor der Mann in Sicherheit war. 23 Stunden blieben sie vor Ort, ohne Pause. Warum es so lange dauerte, steht nicht im Einsatzbericht.

Einsatz für Fischer in Not

Einem Team erfahrener Höhenretter gelang es schließlich, den Verunglückten aufzustöbern, zu sichern und rauszubringen. Ein Helikopter flog den unterkühlten Mann in ein Krankenhaus. Soweit, so heldenhaft, aber es geht noch weiter.

Keine drei Tage später meldete ein Trawler vor Malin Beg einen Notfall. Ausfall der Maschine bei sechs Beaufort und drei Meter hohen Wellen, und das Schiff trieb auf die Klippen zu. Größte Gefahr für vier Fischer an Bord – und der nächste Einsatz für die Retter von Ballyglass. Sieben Stunden brauchten sie in diesem Einsatz alleine, um den Havaristen in den nächstgelegenen Hafen zu schleppen.

Erst dann traten sie die lange Heimreise an.

 

Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet den Ankerherz Verlag. Vorher war er Polizeireporter für die Chicago Tribune und arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie max, Stern und GQ von Uganda bis Grönland. Zuletzt erschien das Buch „Überleben im Sturm“ über die Retter der RNLI.

 

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