Stefans Geschichten vom Meer: Nordergründe

Schon der Name klingt so bedrohlich: Nordergründe. Die Nordergründe sind ein Seegebiet im Elbe-Weser-Dreieck der Deutschen Bucht. Die Nordsee ist flach und es gibt ausgedehnte Sandbänke. In Stürmen baut sich schnell eine steile, hohe Welle auf. Eine neue Folge von Stefans Geschichten vom Meer.

Die Nordergründe sind berüchtigt und sie sind gefährlich. Wie viele Schiffe dort bereits sanken? Niemand vermag das zu sagen. Eine Geschichte, die ich für den „stern“ schrieb und nie vergessen werde, handelt vom Kutter „Hoheweg“ aus Brake, der in einem Sturm auf den Nordergründen kenterte. Vier Seeleute ertranken. Ich saß bei einem Fischer im Wohnzimmer, der seinen Sohn und mit ihm einen wichtigen Teil seines eigenen Lebens verlor.

Nordergründe: Ein Ort für Dramen

In der Nacht auf Donnerstag spielte sich erneut ein Drama auf den Nordergründen ab. Dass es gut ausging, ist alleine dem Mut und Können einer Crew von Seenotrettern zu verdanken.

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Der Skipper eines Segelbootes meldete sich kurz nach 21 Uhr bei der Seenotleitung in Bremen. Er war mit seiner zehn Meter langen Yacht gestrandet. Wo genau? Irgendwo auf den Nordergründen. An Bord: Seine Frau und ein kleiner Hund.

Sofort liefen die Seenotrettungskreuzer aus Hooksiel und Horumersiel aus, den nächstgelegenen Stationen. Zwanzig Seemeilen bis ins Suchgebiet. Den Experten der Verkehrszentrale Bremerhaven gelang es, die ungefähre Position des Seglers zu peilen. Um 22:15 Uhr gab es den ersten Funkkontakt, doch gleich mehrere Probleme: Sturm, starker Regen, keine Sicht.

Szenen wie aus einem Actionfilm

Die Seenotretter der „Bernhard Gruben“ setzten ihr Tochterboot aus, die „Johann Fidi“, wegen ihres geringen Tiefgangs. Damit fuhren die Männer auf die Nordergründe hinaus – und sahen ein schwaches Licht in der Dunkelheit. Das Topp-Licht der Yacht! Von Bord des großen Kreuzers war es im Wellengang nicht auszumachen.

 

Was ich nun abspielte, erinnert an die Szenen eines Actionfilms. Riesige Wellen, die auf das kleine Boot einprügelten. Grundberührung! Erst nach einiger Zeit gelang es den Rettern, sich zum Havaristen zu kämpfen. Sie bargen das Ehepaar mitsamt Hund ab. Sie schafften es, die lebensgefährliche Brandungszone zu verlassen.

Was die Seenotretter leisten

Nachdem die „Johann Fidi“ aufgenommen war, steuerten die Seenotretter ihre Station in Hooksiel an. Für die Schiffbrüchigen gab es heißen Tee und wärmende Decken. Die Frau war in solch schlechter Verfassung, dass man vorsichtshalber einen Krankenwagen auf die Pier bestellte. Das Segelboot trieb einen Tag später vor der Insel Neuwerk an.

Was die Seenotretter an der deutschen Küste leisten, ist großartig. Einfach nur Respekt für diese Courage.

 

Stefan Kruecken, Verlagsleiter von Ankerherz. Foto: Ankerherz

Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet den Ankerherz Verlag. Vorher war er Polizeireporter für die Chicago Tribune und arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie max, Stern und GQ von Uganda bis Grönland. Zuletzt erschien das Buch „Überleben im Sturm“ über die Retter der RNLI.

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