Stefans Geschichten vom Meer: Schlauchboot als Todesfalle
Ein Schlauchboot kann leicht zur Todesfalle werden, wenn der Wind von Land weht und die Strömung tückisch ist. In drei aktuellen Fällen hatten Leute einfach Glück – und die Retter waren schnell zur Stelle. Stefans Geschichte vom Meer handelt auch davon, die Gefahren der See niemals zu unterschätzen.
Der dreijährige Junge trieb bereits eine halbe Seemeile vor der Küste, als ihn die Helfer der DLRG erreichten. Er saß auf einer Luftmatratze. Der Wind schob ihn immer weiter hinaus aufs offene Meer, und es war nur eine Frage Zeit, bis er dort in höheren Wellen kentern würde.
Es wäre ein leiser Tod geworden.
Sein verzweifelter Vater, der die Luftmatratze vom Strand aus wegtreiben sah, hatte noch versucht, hinterher zu schwimmen. Doch alles passierte zu schnell. Auch den erschöpften Mann sammelten die DLRG-Helfer ein.
Beinahe zeitgleich ging ein ähnlicher Notruf von der Ostsee bei den Seenotrettern ein. Ein Segler meldete ein junges Paar, das in einem Schlauchboot vor der Steilküste Stohl hockte. Er hatte sie auf den Wind hingewiesen, der von Land wehte und ihnen Hilfe angeboten. Das Paar lehnte ab.
Paar treibt auf Schlauchboot
Weil dem Segler die Situation keine Ruhe ließ, alarmierte er wenig später die Retter. Sie hatten bereits den Notruf des Paares erhalten – die vergeblich Richtung Küste ruderten. Ohne Chance, mit ihrem kleinen Boot dem Strand näher zu kommen.
Währenddessen holten die britischen Seenotretter einen kleinen Jungen von einem Schlauchboot, mehr als eine Seemeile vor der Küste von Kent. Von diesem Einsatz gibt es ein Video und Fotos. Der 11-jährige friert, ist kreidebleich und ihm ist anscheinend bewusst, in welcher Gefahr er sich befindet.
Drei Fälle innerhalb weniger Stunden, fünf gerettete Menschenleben – dank der schnellen Reaktion der Helfer. Doch darauf verlassen, dass jeder Notfall beobachtet wird, sollte man sich nicht. DLRG und Seenotretter weisen immer wieder darauf hin, wie gefährlich Luftmatratzen, Schlauchboote und anderes Plastikgedöns auf der Nordsee und Ostsee sind.
Strömungen sind tückisch
Meistens ist nicht zu erkennen, aus welcher Richtung der Wind kommt, ob von der See oder von Land. Strömungen sind gar nicht auszumachen. Besonders bei spielenden Kindern ist also Vorsicht geboten, sonst kann ein Sommertag ein Leben beenden oder für Familien einen anderen Verlauf nehmen lassen.
Als wir die Einsatzmeldungen auf unsrer Facebook-Seite posteten, wollten manche eine Diskussion darüber starten, ob man denn „jeden Spaß“ verbieten wolle. „Früher“ hätte man doch auch im Urlaub auf einer Luftmatratze überlebt, ja früher undsoweiter, das übliche Social Media-Blabla.
Im Kern geht es um Respekt vor dem Meer. Vor allem, wenn man Verantwortung für Kinder trägt. Erwachsene haben sicherlich die freie Wahl. Von allen Todesarten, die es so gibt, dürfte Ertrinken durch Kentern eines aufblasbaren Einhorns zu den absurdesten zählen.
Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet den Ankerherz Verlag. Vorher war er Polizeireporter für die Chicago Tribune und arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie max, Stern und GQ von Uganda bis Grönland. Zuletzt erschien das Buch „Überleben im Sturm“ über die Retter der RNLI.
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