Urlaub im schottischen Buchladen – ein Experiment in Wigtown
Das Hafenstädtchen Wigtown, knapp zwei Autostunden südlich von Glasgow gelegen, ist ein besonderer Ort. Auf knapp neunhundert Einwohner kommen zehn Buchhandlungen, was Wigtown den Beinamen „Schottlands Buchhauptstadt“ eingebracht hat. Einer dieser Läden ist ganz besonders: Wer hier arbeitet, zahlt sogar dafür.
Es ist ein Experiment, das seit zwei Jahren unter dem Namen „The Open Book“auf der Übernachtungsplattform Airbnb läuft. Für 36 Pfund (umgerechnet 41 € die Nacht) kann man sich einmieten und Betreiber einer schottischen Buchhandlung werden. Für mindestens eine Woche, denn nur für diesen Zeitraum wird vermietet. Klingt seltsam? Ist aber ein voller Erfolg.
Urlaub im Buchladen von Wigtown
Die Erfahrungsberichte auf Airbnb sind voller Superlative (alle Gäste gaben die Höchstwertung von fünf Sternen). Einige schreiben, sie hätten mehr als zwei Jahre auf einen freien Platz gewartet, und wer nun nachschauen will, wann wieder etwas frei wird: Ich habe bis April 2025 gesucht und danach aufgegeben.
Der Laden sieht auf den Fotos aus, wie eine alte, leicht verstaubte britische Buchhandlung eben aussieht. Vollgestellte Regale, altmodische Teppiche. Die kleine Wohnung, die man mietet, befindet sich im ersten Stockwerk. Im Preis inkludiert sind die Nutzung einer Waschmaschine, eines Trockners und kostenfreies Wlan. Erwartet wird, dass man einen Blog über seine Erlebnisse verfasst.
Gesetzte Gemütlichkeit in Wigtown
Im Allgemeinen zeichnen sich die Berichte, wie es ist, in Schottland einen Buchladen zu führen, durch eines aus: getragene Gemütlichkeit. Zentrale Aufgabe der Buchhändler für eine Woche ist es, die Regale mit gespendeten Büchern zu befüllen und die Preise richtig auszuzeichnen. Wenn es regnet, scheint noch weniger in 2 High Street, Wigtown, DG8 9HQ, noch weniger los zu sein als sonst. Dafür wird man zur Touristenattraktion – und zum Amusement der Einheimischen.
In einem Erfahrungsberichtsteht: „Ein Nachbar öffnete die Tür, sah mich an, murmelte: ‚Das ist ja diesmal nicht exotisch’ – und schloss sie wieder.“
0 comments