„Oh, so nah?“ Gastbeitrag eines Insulaners von Langeoog

Der aktuelle Stand zum Frachter „Glory Amsterdam“, der vor der Insel Langeoog aufgelaufen ist (Dienstag, 31.10., 12 Uhr). Wie das Havariekommando Cuxhaven bekannt gibt, haben Experten keine strukturellen Schäden am Schiff festgestellt. Die Besatzung ist wohlauf. Ein Mechaniker soll im Auftrag der Reederei die Ruderanlage reparieren. „Das von der Reederei beauftragte Bergungsunternehmen und die Experten des Havariekommandos erarbeiten ein Bergungskonzept. (…) Für den nächsten Schleppversuch muss weiteres Einsatzmaterial angefordert werden“, heißt es in einer Erklärung. Die gute Nachricht: Bislang wurde kein Austritt von Schweröl festgestellt – ein Überwachungsflugzeug ist ständig in der Luft.

Uns erreichen viele Nachrichten von den Inseln Langeoog und Spiekeroog – die Bewohner schwanken zwischen Hoffen und Bangen. Was, wenn der große Frachter auseinander bricht? Wie bekommt man das 225 Meter lang Schiff wieder frei? (Hier seht Ihr Luftaufnahmen, aufgenommen vom Baltrumer Inselpiloten Olaf.)

Die „Glory Amsterdam“. Foto: Kremer.

 

Wir freuen uns über einen Gastbeitrag von Klaus Kremer, dem Inselreporter von Langeoog News:

„Oh!!!“  Wenn man als Insulaner am Falkenweg im Osten der Insel über die Düne kommt, durchfährt es einen unmittelbar: „So nah? Das hätte ich nicht gedacht!“ Zweieinhalb Kilometer liegt das der havarierte Schüttgutfrachter GLORY AMSTERDAM vom Dünenfuß im Osten der Insel Langeoog entfernt, doch die Wirkung ist wegen der Weite des Meeres und der Magie der Landschaft eine ganz andere. Zum Greifen nah scheint der Frachter und die Zoom-Möglichkeiten der modernen Kameras – verbunden mit der offensichtlichen Bedrohung für die einmalige Landschaft des Weltnaturerbes – lassen die Entfernungen scheinbar schrumpfen.

Die Gefahr ist scheinbar so nah

Eine vorgelagerte Sandbank lässt die Gefahr noch größer erscheinen, bei Flut ist sie verschwunden und der Frachter durch zwei Kilometer Wasser von der Insel getrennt.

Bei deutlich erhöhten Wasserständen hatte der Frachter am Sonntagabend um 20 Uhr eine erste Grundberührung, der Pegel zeigte zu diesem Zeitpunkt 6,35 Meter, also fasst mittleres Tidehochwasser.

Die Nähe und die sehr hohe Lage am Strand bedeuten für die Fachleute eine besondere Herausforderung. Die Wassertiefe reicht für die Schlepper nicht aus, um bei niedrigen Wasserständen Leinenverbindungen zum Havaristen herzustellen, um ihn bei Hochwasser frei zu schleppen.

Daher werden jetzt Bergungsmaßnahmen geplant, um ihn sicher und ohne die Natur zu gefährden frei zu bekommen. Dafür nehmen sie sich Zeit, weil das Schiff offenbar sicher liegt. Wahrscheinlich wird man die Ballasttank leeren und das Schiff auf andere Art stabilisieren und vor dem Umkippen sichern. Dann wird es wieder Wasser unterm Rumpf haben und – so hoffen auf der Insel alle – bald wieder Reisen über die Ozeane antreten können.

Schönes Langeoog. Foto: Kremer

Klaus Kremer ist seit 2000 Inselreporter auf Langeoog. Er gibt hier eine Internet-Tageszeitung und eine gedruckte Wochenzeitung heraus. Geboren wurde er 1963 in Bochum, studierte Bauingenieurwesen und zog 2000 mit seiner Familie nach Langeoog. Er gab den alten Beruf auf. Die Inselzeitung entstand ungeplant, die erste Webcam und Nachrichten über das Trainingslager des SC Freiburg auf der Insel auf der Homepage für die Ferienwohnungen gaben durch die große Resonanz den Anstoß.

 

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