Retter in Not: Überladenes Flüchtlingsboot braucht Hilfe!

Uns erreicht eine dramatische Pressemitteilung der Organisation „Sea-Eye“, die im Mittelmeer Menschenleben rettet. Ihr Schiff „Seefuchs“ befindet sich in einer gefährlichen Situation. An Bord des völlig überladenen Schiff sind 13 ehrenamtliche Crewmitglieder. Die „Seefuchs“ ist ein umgebauter Fischkutter und eines von zwei Schiffen, mit denen die NGO aus Regensburg in den vergangenen zwei Jahren mehr als 13.800 Menschen vor dem Ertrinken rettete.

Das Einsatzkonzept der Sea-Eye-Schiffe sieht vor, Menschen in Seenot mit Schwimmwesten zu versorgen und Erste Hilfe zu leisten. Für den Transport von Menschen sind die Schiffe nicht geeignet. Die Rettungen und der Transport der Menschen werden dann von offiziellen Stellen und anderen Schiffen durchgeführt. Genau dies ist aktuell das Problem: Die Seefuchs ist überladen – und Hilfe kommt trotz diverser Rufe nicht.

In der Pressemitteilung („Deutsches Rettungsschiff Seefuchs in Gefahr“) heißt es:

 

Rettungsaktion auf dem Mittelmeer (Symbolfoto von Sea-Watch).

 

„Vor 24 Stunden (am Sonntag den 27.05.2018 um 10 Uhr) entdeckten wir mit dem Fernglas auf hoher See ein Objekt auf dem Wasser, das auf dem Radar und AIS nicht erkennbar war. Schiffsführer Sampo Widmann ließ zunächst zwei Rettungsboote (sogenannte RIBs) zu Wasser, um die Situation aufzuklären. Aus der  erkannten die Helfer, dass es sich um ein völlig überfülltes Gummiboot handelte, dass schutzlos auf Hoher See trieb und augenscheinlich mehr als einhundert Menschen trug.

(…) Die Helfer versuchten, die Menschen an Bord zu beruhigen. Denn jede Panik auf dem überfüllten Boot kann Leben kosten. Die Crews der Rettungsboote informierten den Schiffsführer darüber, dass sich an Bord des Gummibootes 138 Personen befinden. Sofort wurde die Seenot Rettungsleitstelle (MRCC Rome) informiert und Hilfe angefordert. Anschließend wurden von den beiden Rettungsbooten Rettungswesten ausgehändigt.

Retter in Not auf dem Mittelmeer

Die Schwimmwesten brachten zusätzliches Volumen in das ohnehin überladene Flüchtlingsboot. Während der Schwimmwestenverteilung fielen mehrere Personen vom instabilen Backbordschlauch ins Wasser. Glücklicherweise trugen die Personen bereits eine Rettungsweste, denn ein Mann konnte nicht schwimmen und trieb verkrampft im Wasser. Mehrere Menschen konnten das Rubberboot rechtzeitig erreichen. (…) Die Situation führte zunehmend zu einem panischen Zustand der Geflüchteten.

Die Situation war dramatisch.

Der Backbordschlauch verlor augenscheinlich Luft und wurde nur aufgrund des Drucks der Menschen in Form gehalten. Es drang bereits Wasser in das Boot ein, es roch nach Benzin und Fäkalien, die Menschen berichteten von Verletzungen und Hautverätzungen durch das Gemisch, in dem sie sitzen oder stehen. Zwei Frauen sind schwanger. Ein kleiner Junge suchte Augenkontakt zu den Helfern. Die Menschen flehten um Hilfe.

Der Schiffsführer beschloss mit der Evakuierung zu beginnen, um die Menschen aus Seenot retten. An Bord der „Seefuchs“ konnten die Menschen vorerst mit Trinkwasser, Wärmedecken und medizinischer Behandlung versorgt werden. Viele schliefen direkt vor Erschöpfung ein.

Die „Seefuchs“ braucht Hilfe

Doch die wirkliche Herausforderung beginnt für uns gerade erst. Laut Aussage des MRCC Rome muss das 26 Meter lange und sechzig Jahre alte Schiff die Menschen nach Italien bringen. Allen unseren Beteuerungen zum Trotz, dass das Schiff für den Transport von so vielen Menschen nicht ausgelegt ist und diese Fahrt eine Gefahr für Leib und Leben der Besatzung und Gäste bedeutet, änderte sich an der Entscheidung nichts. Die Crew verteilt Couscous mit Brühe, um den Hunger der Menschen zu stillen. Um Mitternacht trifft das Patrouillenboot CP 286, der italienischen Küstenwache ein. Es übernimmt 24 Personen. Vor allem die Frauen, zwei Kinder und die Verletzten werden von den Italienern übernommen und sollen nach Lampedusa gebracht werden.

Leider weigert sich die Besatzung von CP 286, alle Familienangehörigen der Menschen an Bord zu nehmen, sodass Familien nun getrennt sind. Außerdem werden 120 Liter Trinkwasser, 15 Liter Birnensaft und ca. 200 kleine Snacks und einige Kekse übergeben. Das Essen reicht nicht aus, um die Menschen für längere Zeit angemessen zu versorgen. Einige berichten davon, dass sie seit Tagen und Monaten zu wenig Essen auf der Flucht bekamen. Die vielen Menschen an Bord angemessen zu versorgen, eine menschenwürdige oder sichere Situation für die Überfahrt sicher zu stellen, ist unter den momentanen Bedingungen unmöglich.

Retter in Not auf dem Weg nach Sizilien

Die Seefuchs befindet sich nun auf dem Weg nach Sizilien. Wir erwarten in der Nacht vom Montag, den 28.05.2018 dort einzutreffen. Laut MRCC Rome soll das Schiff nun den noch weiter entfernten Hafen Augusta anlaufen. An Bord gehen die Trinkwasservorräte zur Neige. In der Nacht konnte die Crew praktisch keinen Meter an Deck mehr betreten, weil überall Menschen lagen und schliefen. Der Frischwasservorrat der Seefuchs ist beinahe aufgebraucht. Das restliche Frischwasser brauchen wir für die Motorkühlung.

Wir haben noch Wasser in Flaschen und hoffen, dass wir Crew und Gäste damit versorgen können, bis wir in einen sicheren Hafen kommen. Leider war es bisher nicht möglich, die Behörden davon zu überzeugen, dass die unhaltbare Situation durch den Einsatz anderer Schiffe oder die Genehmigung einen näheren italienischen anzulaufen beendet und die Menschen aus der Situation schnellstmöglich gerettet werden können.“

 

Ihr wollt Sea-Eye unterstützen? Hier geht es nur Spendenseite der Hilfsorganisation. Kapitän Schwandt & Ankerherz unterstützen ihr Anliegen schon seit langem.

 

0 comments