Unglück auf der Ostseefähre und die Gefahren der See

Unglück auf der Ostseefähre und die Gefahren der See. Ankerherz Verlagsleiter Stefan Kruecken schreibt seine Kolumne vom Meer nach einer Woche mit einigen Dramen an Nordsee und Ostsee.

Selten bot eine Woche so viele mögliche Themen für meine Kolumne vom Meer. Die seltsame Einbruchsserie im Hamburger Hafen zum Beispiel. Kriminelle suchen auf dem Terminal Altenwerder nach Drogen – oder haben sie etwas ganz anderes vor? Mehr als 40 Männer wurden schon verhaftet, alle stammen aus den Niederlanden.

In der Karibik stürzt eine Passagierin beim Versuch, ein Selbstbild zu machen, von der Reling eines Kreuzfahrtschiffes. Weil Kapitän und Crew so schnell reagieren und der Schutzengel hochmotiviert ist, überlebt sie dieses Selfie. (HIER gibt es eine eigene Geschichte im Ankerherz Blog dazu).

Wenn man drüber nachdenkt: Einen dämlicheren Tod dürfte es kaum geben.

Und dann gibt es eine Serie tragischer Unglücke oder Fast-Unglücke an den norddeutschen Küsten von Nordsee und Ostsee. Wie jedes Jahr, wenn die Sommerferien beginnen, denn leider unterschätzen manche die Gefahren des Meeres egal, wie oft davor gewarnt wird. Wenn die Kurtaxe bezahlt ist, kann doch nichts mehr schiefgehen.

Die freiwilligen Seenotretter der Station Neuharlingersiel der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) haben vier erschöpfte Wattwanderer aus Lebensgefahr befreit. Drei Erwachsene, ein sechsjähriges Kind und ein Hund konnten einen Priel nicht durchqueren. Foto: Seenotretter

 

Die Seenotretter holen eine Gruppe Wanderer aus dem Watt vor der Insel Spiekeroog. Mehr als zwei Seemeilen vor der Küste kommen die Urlauber an einem Priel nicht weiter – und die Flut läuft auf. Hätte das Handy keinen Empfang oder keine Akkuleistung mehr gehabt, dann stünde hier ein Nachruf auf drei Erwachsene, ein sechsjähriges Kind und einen Hund.

Schwimmer ertrinkt in Warnemünde

In Warnemünder ertrinkt ein 30 Jahre alter Schwimmer, während seine Familie am Strand auf ihn wartet. Trotz Roter Flagge ist er Baden gegangen. Rote Flagge weht für: Achtung, Lebensgefahr.

In Großenbrode (Schleswig-Holstein) rettet ein 12 Jahre alter Junge seinem Vater das Leben. Der Urlauber aus dem Sauerland geht bewusstlos unter. Der Kleine eilt zur Hilfe, hält den Kopf über Wasser und ruft um Hilfe, bis Retter eintreffen. Am Strand holen sie ihn zurück ins Leben. Ein Sprecher der DLRG meint, kaum ein Erwachsener hätte hinbekommen, was der kleine Junge leistete.

Unglück auf der Ostseefähre

Die traurigste Geschichte spielt auf einer Ostseefähre auf dem Weg von Polen nach Schweden. Ein sieben Jahre altes Kind fällt über Bord der „Stena Spirit“. Die Mutter springt sofort hinterher. Ein Impuls vermutlich. Ich habe vier Kinder und stelle mir den Moment so unendlich schrecklich vor. Wie würde man selbst reagieren? Vermutlich springen, den Versuch riskieren, denn ansonsten wäre das Leben auf eine Art vorbei.

Eine Stunde später gelingt es Rettungsteams, beide Körper aus der See zu ziehen und sie ins Krankenhaus zu fliegen. Gibt es vielleicht ein Wunder?

Doch während ich die Kolumne schreibe, verbreiten schwedische Agenturen die Nachricht: beide sind tot.

 

Update ++ 1. Juli:  Inzwischen hat die polnische Polizei Ermittlungen wegen des Verdachts auf Mord mit anschließendem Selbstmord aufgenommen. Es ist furchtbar +++ 

Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag. Vorher war er Polizeireporter für die Chicago Tribune und arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie max, Stern und GQ von Uganda bis Grönland. Gerade erschien sein neues Buch: „Muss das Boot abkönnen“.

 

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