Seenotretter in Not: Dramatische Lage auf deutschem Schiff

Noch immer dürfen zwei Schiffe, die Flüchtlinge aus dem Mittelmeer gerettet haben, nicht den Hafen von Malta anlaufen. Die Zustände an Bord der kleinen Schiffe verschlechtern sich. Obwohl sich sogar Papst Franziskus mit einem Appell an die Regierungen Europas wandte, ist keine rasche Lösung in Sicht. Seenotretter in Not.

Seit dem 22. Dezember dauert die Blockade der Sea-Watch 3 an, die 32 Flüchtlinge aufnahm. Seit dem 29. Dezember wartet die „Professor Albrecht Penck“ der Hilfsorganisation „Sea Eye“ auf die Erlaubnis, in Valetta einlaufen zu dürfen. Noch nie wurde das Schiff einer Hilfsorganisation nach einer Hilfsaktion so lange blockiert. Die Retter hatten 17 Menschen, darunter eine Frau und zwei Kinder, von einem kaum seetüchtigen Fischerboot in internationalen Gewässern vor Libyen gezogen. Man weigert sich, die Geflüchteten nach Libyen zurückzubringen, weil dies „kein sicherer Hafen“ ist, wie es das internationale Seerecht fordert.

Appell des Papstes bislang ohne Wirkung

Die deutsche Regierung bescheinigte dem Schiff unter deutscher Flagge „rechtlich konformes Handeln“, doch dies änderte bislang nichts an der Lage. Sowohl Malta als auch Italien lehnen es kategorisch ab, dass die Schiffe einen Hafen anlaufen. Papst Franziskus wandte sich am Sonntag mit einem Aufruf an die Regierungen, umgehend zu helfen und Solidarität zu zeigen.

„Ich appelliere eindringlich an die die europäischen Führungspersönlichkeiten, dass sie diesen Menschen gegenüber konkrete Solidarität zeigen mögen.“  Papst Franziskus

Auf dem engen Schiff muss inzwischen das Trinkwasser rationiert werden. Das Essen wird knapp. Es ist kalt, nass und windig. Die Geretteten schlafen beengt auf der Krankenstation und einem Container an Deck. Die hygienischen Bedingungen sind bescheiden, Matratzen gibt es nicht, und das kleine Schiff ist nicht für längeren Personentransporte geeignet. Es gibt Fälle von Seekrankheit an Bord.

Die Crew des Rettungsbootes verteilt Schwimmwesten und überprüft den Zustand des Fischerbootes. Quelle: Alexander Draheim/sea-eye.org)

Seenotretter in Not: keine schnelle Lösung

Jan Ribbeck, Einsatzleiter an Bord und Vorstand von Sea-Eye e.V. berichtet in einem Interview mit Zeit online von der hohen psychologischen Belastung für alle an Bord: „Manche reden nicht mehr und starren auf das Wasser, andere bekommen Weinkrämpfe, sobald wir sie ansprechen. Diese Menschen brauchen Sicherheit und lange professionelle Hilfe, um sich von den traumatischen Erlebnissen zu erholen.“ Für die Crew aus freiwilligen Helfern geht der Einsatz längst an die Grenzen.  Zwei Ärzte werden ihren Dienst in Deutschland nicht antreten. Die Familien warten länger als geplant auf ihre Angehörigen.

Die Bundesregierung hat signalisiert, an einer „europäischen Lösung zu arbeiten“. Was auch immer dies bedeuten mag, es wird sich vermutlich hinziehen. Die Option, als Schiff unter deutscher Flagge Cuxhaven oder Hamburg anzulaufen, sehen die Sea-Eye-Verantwortlichen aktuell nicht. Abgesehen von Problemen mit Treibstoff und Proviant würde die Reise knapp drei Wochen dauern und das kleine Schiff durch die berüchtigte Biskaya führen.

 

Kommentar Ankerherz: Seenotretter in Not

Während in Deutschland über das vergoldete Steak und die anschließenden Pöbeleien eines Fußballprofis diskutiert wird, spielt sich im Mittelmeer ein unwürdiges Drama ab. Es ist verantwortungslos und mit europäischen Werten unvereinbar, dass die Seenotrettung auf dem Mittelmeer eingestellt wurde. Dass nun Seenotretter Geflüchtete nicht in einen sicheren Hafen bringen dürfen, ist eine Schande. Menschen werden gerettet und nicht an Land gebracht, in Europa, im Jahr 2019. Als seien Menschen eine unliebsame Fracht.

Über Sea-Eye: Der Verein wurde 2015 in Regensburg gegründet. Mit den umgerüsteten Fischkuttern „Sea-Eye“ und „Seefuchs“ beteiligten sich mehr als 800 ehrenamtliche Rettungskräfte an mehr als 60 Missionen. 14.395 Menschen wurden nach eigenen Angaben gerettet. Im Sommer 2018 entschied die Vereinsführung zwei neue Schiffe unter deutscher Flagge in den Einsatz zu senden. Die „Professor Albrecht Penck“ ist das erste Schiff einer Hilfsorganisation unter der Bundesflagge.

 

UPDATE, 9. Januar, 12 Uhr: Die seit Tagen auf dem Mittelmeer blockierten Rettungsschiffe dürfen in Malta anlegen. Die 49 Geretteten werden auf acht EU-Staaten verteilt.

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